“Es ist wohl viel Fingerspitzengefühl notwendig, wenn wir vergangene Zeiten nach heutigen Wertmaßstäben und Erfahrungen beurteilen. Aber wir können nicht darauf verzichten, zu den Ereignissen, die vor 100 Jahren den Ersten Weltkrieg ausgelöst haben, Stellung zu nehmen” meinte Bischof Maximilian zu Beginn seiner eindrucksvollen Rede, in der er in „Wahrhaftigkeit und Scham“ das Versagen der damaligen kirchlichen Amtsträger und vieler Christen eingestand.
Anlass für diese Aussage war ein Festakt im Bad Ischler Kongresshaus, mit dem die Stadt Bad Ischl an den 28. Juli 1914 gedachte und erinnerte Am 28. Juli vor 100 Jahren hat Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklärt, Kaiser Franz Josef unterschrieb in der Kaiservilla das Manifest “An meine Völker”. Gemeinsam haben die Bürgermeister der geschichtsträchtigen Städte Bad Ischl und Sarajevo, Hannes Heide und Dr. Ivo Komsic, dem Krieg und seiner Millionen Toten gedacht.
Am Morgen des 28. Juli besuchten die beiden Bürgermeister und ihr ungarischer Kollege aus Gödöllö, Dr. György Gémesi, mit Bischof Maximilian Aichern und Stadtpfarrer Mag. Christian Öhler die Kaiservilla und das Arbeitszimmer des Kaisers mit jenem Schreibtisch, an dem der Kaiser die Weichen für den Beginn des Krieges stellte. Im Anschluß fand beim Bad Ischler Kriegerdenkmal eine Kranzniederlegung statt, bei der an alle Opfer des Krieges von 1914 bis 1918 gedacht wurde. Nach einem Besuch der Ausstellung “Bad Ischl, am 28. Juli 1914” in der Trinkhalle, fand im Kongresshaus Bad Ischl der Festakt statt, zu dem Bezirkshauptmann Ing. Mag. Alois Lanz, Abgeordnete, Bürgermeister, Gemeindevertreter und viele Interessierte gekommen waren.
Ein Quintett des Franz Lehár Orchesters umrahmte diese Feierstunde musikalisch. Bürgermeister Hannes Heide formulierte dabei, dass dieses historische Ereignis in seinen Auswirkungen bis heute nach wirkt. “Für Bad Ischl ergibt sich aber die Möglichkeit eine positive Botschaft für Frieden, Freundschaft, Versöhnung auszusenden und verstärkt Aktivitäten zu setzen!” Bürgermeister Komsic verwies auf die Geschichte, die Bad Ischl mit Sarajevo verbindet und sprach eine Städtepartnerschaft an, um diese Verbindungen zu festigen”.
Der Historiker Dr. Peter März, der die Ausstellung in der Trinkhalle kuratiert hat, machte klar: “Der Erste Weltkrieg unterschied sich von allen vorherigen Kriegen nicht nur durch die neuartige Form der Kriegsführung, Stichwort Maschinenkrieg, sondern vor allem durch die umfassende Einbeziehung der gesamten Bevölkerung. Zu Recht spricht man daher in diesem Zusammenhang häufig vom ersten totalen Krieg. Die so genannten Heimatfronten waren nun ebenso wichtig wie die Schlachtfelder. Die anfängliche Kriegseuphorie, die medial und propagandistisch angefacht wurde, wich bald dem blanken Entsetzen. Der Patriotismus traf auf den modernen Horror des industriellen Massenmords.”
Fotos: Event Fotograf
Wie die Stadt Bad Ischl und insbesondere Bürgermeister Heide mit dem “Gedenkjahr” 2014, mit der Bewertung der Rolle, der Verantwortung der Monarchie und des Kaisers, “umzugehen” versteht, ist meines bescheidenen Erachtens vorbildhaft. Hier wird differenziert, ohne vorschnelles Urteil, historisch genau und sensibel, “Erinnerungspolitik” zelebriert. Vor der Folie der Fehler der Vergangenheit werden tragfähige, in die Zukunft weisende Brücken geschlagen, auch im internationalen Kontext.