Seit Jahresbeginn ist die Forschergruppe „SOKO Ohlsdorf“ in der Gemeinde Ohlsdorf tätig, um einer Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigung des Grundwassers in einem Teil von Ohlsdorf nachzugehen. Im Juni wurde die sehr selten auftretende chemische Verbindung 1,4‑Dichlor‑2,3‑dimethoxybenzol als Verursacher in minimalsten Dosen festgestellt. In einer gemeinsamen Abstimmung von Land und Gemeinde wurde anschließend die flächenmäßige Ausdehnung untersucht und in einer umfassenden Fahndung auch nach Spuren von anderen, seltenen Pestiziden gesucht.
Das Ergebnis: In einem Teilbereich wurden starke Überschreitungen des Vorsorgewertes bei einigen seltenen Pestiziden festgestellt. Betroffen sind einige Hausbrunnen. Gemäß Beurteilung der Fachexperten liegt keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung vor.
Die Experten hegen aber den Verdacht, dass es zu einer oder mehreren punktuellen direkten Versickerungen der Pflanzenschutzmittel in den Grundwasserkörper gekommen sein könnte – entweder durch fahrlässige und unsachgemäße Handhabung im Rahmen der Anwendung oder durch vorsätzliche illegale Entsorgung. Alle möglichen Ursachen werden untersucht. Der Sachverhalt wurde gestern, Montag, der Staatsanwaltschaft Wels zur Anzeige übermittelt, damit alle Hebel für die Aufklärung der Ursache bewegt werden.
salzi.aktuell — Nachrichten vom 16.09.2014
Gefahren und Schutz für unser Lebensmittel Nummer 1
Der Nutzungsdruck auf das wichtigste Lebensmittel, das Trinkwasser, steigt. Wasser-Landesrat Rudi Anschober stellte daher schon diverse Maßnahmen für eine Verstärkung des Schutzes des oö. Trink- und Grundwassers vor.
Ziel der Landesstrategie “Zukunft Trinkwasser” ist es, die Gemeinden, Genossenschaften und Verbände und so deren Selbstbestimmung und Leistungsfähigkeit als gemeinnützige Träger der Trinkwasserversorgung aktiv zu stärken, auch für die Zukunft.
Im Mittelpunkt steht dabei eine Intensivierung der Grundwasserkontrolle zur Sicherung des flächendeckenden Grundwasserschutzes, das Ziel eines Verbots des Risikopestizids Bentazon, verstärkte Beratungen der Landwirtschaft durch die Boden.Wasser.Schutz.Beratung, ein neues ÖPUL-Programm mit einem Fokus auf wasserschonender Landwirtschaft, die Oö. Pestizidstrategie für einen grundwasserschonenden Pflanzenschutz, Förderungen zum weiteren Ausbau und zur Sanierung öffentlicher Trinkwasserversorgungsanlagen sowie Aktionen zur Qualitätssicherung der Einzelwasserversorgungsanlagen, sowie der Ausbau von Schongebieten und Schutzgebieten samt Ausweisung von Grundwasservorrangflächen in Anbetracht eines immanenten Restrisikos für Verunreinigungen seitens Gewerbe und Industrie.
Wesentlicher Schritt: Schutz- und Schongebieten
Zum Schutz von bestehenden Wasserspendern (Brunnen und Quellen) für die Trinkwasser- und Nutzwasserversorgung existieren in OÖ ca. 5.000 Schutzgebiete mit einer Gesamtfläche von ca. 170 km² (1,4 % von OÖ), jährlich werden ca. 80 bis 100 Schutzgebiete neu festgelegt oder an den Stand des Wissens angepasst und zusätzlich ca. 30 bis 40 Schutzgebiete überprüft. Im Rahmen der Umsetzung des Wasserrechtsgesetzes gemäß §§ 34 und 35 WRG 1959 und der Landesstrategie “Zukunft Trinkwasser” werden zum Schutz von besonders bedeutenden Grundwasservorkommen und zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen von hoher wasserwirtschaftlicher Bedeutung Gebiete in Oberösterreich auf der Grundlage eingehender wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Untersuchungen Grundwasserschongebiete vom Landeshauptmann verordnet.
Derzeit existieren in OÖ. 30 Grundwasserschongebiete, mit einer Fläche von ca.1.600 km² (13 % von OÖ).
Weiters stellt das Land OÖ durch den vorsorgenden Schutz von besonders bedeutenden Grundwasservorkommen (Grundwasservorrangflächen) sicher, dass auch zukünftige Generationen die Basis für eine gesicherte Trinkwasserversorgung vorfinden. Dies erfolgt durch die Ausweisung von geplanten Schongebieten entsprechend der Leitlinie Vorrang Grundwasser. Die Gesamtfläche der noch geplanten Schongebiete umfasst ca. 500 km² (4 % von OÖ).
Zuständigkeiten in der Trinkwasserversorgung
Die Verantwortung für eine einwandfreie und hochwertige Trinkwasserversorgung liegt gemäß dem Österr. Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) bei demjenigen, der „Trinkwasser in Verkehr bringt“ und damit beim Betreiber einer Trinkwasserversorgungsanlage, Zum Schutz der Trinkwasserversorgung, besonders um das unvermeidliche Restrisiko aus Industrie und Gewerbe auf ein zumutbares Maß zu reduzieren, hat die Wasserrechtsbehörde (BH bzw LH) Schutz- und Schongebiete festzusetzen („Besonderer Grundwasserschutz“).
Darüber hinaus ist gemäß Wasserrechtsgesetz jedermann zum sorgsamen Umgang verpflichtet und es sind alle Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird („Allgemeiner flächendeckender Grundwasserschutz“).
Verunreinigungen in der Grundwasserversorgung Ohlsdorf
Im Jänner des heurigen Jahres wurde die Gemeinde Ohlsdorf auf das Auftreten der Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigung über ihre Ortswasserversorgungsanlage (zwei betroffene Brunnen) aufmerksam. Es wurden umgehend einerseits die Wasserversorgungen abgesichert und andererseits Maßnahmen zur Ursachenfindung eingeleitet. Dabei wirkt das Land OÖ im Rahmen der fachlichen Informationsvernetzung und der Analytik seit Jänner 2014 mit.
Noch im Laufe des Jänners und Februars wurde im schnellstmöglichen Tempo die gesamte Ortswasserversorgung auf Trinkwasser aus einem weiteren wasserrechtlich bewilligten Brunnen der Gemeinde Ohlsdorf sowie zur Ergänzung von Fehlmengen aus den Leitungsnetzen der Gemeinden Gmunden und Laakirchen umgestellt und damit einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung gestellt.
Aufgrund der Komplexität der Verunreinigung wurde die SOKO Ohlsdorf gegründet mit verschiedenen internen und externe Expertinnen und Experten – von der TU Graz über technische Labors und Geologen bis zu den Amtssachverständigen. Im Juni wurde jener Stoff, der das Geruchsproblem verursacht hat, nach fieberhafter Forschungstätigkeit der SOKO Ohlsdorf festgestellt. Es handelt sich um die chemische Verbindung 1,4‑Dichlor‑2,3‑dimethoxybenzol.
In einem weiteren Schritt wurde versucht, eine Abgrenzung der Grundwasserbelastung vorzunehmen. Diesbezüglich wurden die Untersuchungen im Umkreis der bekannten Belastung immer weiter ausgedehnt. Bis dato ist die Abgrenzung noch nicht abgeschlossen.
Da die identifizierte und sehr geruchsintensive Verbindung 1,4‑Dichlor‑2,3‑dimethoxybenzol sowohl in der einschlägigen Literatur mit Pestiziden in Verbindung gebracht wird, als auch die chemische Struktur eine Verwandtschaft mit bekannten Pestiziden zeigt, wurde bei den weiteren Untersuchungen auch der Parameterumfang um die Gruppe der Pflanzenschutzmittel erweitert.
Die erweiterten Untersuchungen zeigen nun im gesamten Untersuchungsgebiet massive Belastungen des Grundwassers mit Pflanzenschutzmitteln aus den Gruppen der Herbizide und Fungizide. Folgende Stoffe über dem Parameterwert der Trinkwasserverordnung (0,1 µg/l) wurden gefunden:
Herbizide: Clopyralid, Metribuzin und Clomazon
Fungizide: Metalaxyl
Insbesondere Clopyralid wurde in derart hohen Konzentrationen vorgefunden, dass ein flächenhafter Eintrag des Stoffes in das Grundwasser im Zuge der üblichen landwirtschaftlichen Bodennutzung, wie er leider in intensiv bewirtschafteten Gebieten Oberösterreichs manchmal zu beobachten ist, nahezu ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht nach fachlicher Einschätzung der Verdacht, dass es zu einer oder mehreren punktuellen direkten Versickerungen der Pflanzenschutzmittel in den Grundwasserkörper gekommen ist. Dies kann einerseits bei einer fahrlässigen und unsachgemäßen Handhabung im Rahmen der Anwendung vorkommen, andererseits kommt auch eine vorsätzliche illegale Entsorgung als mögliche Ursache in Frage.
Da beide möglichen Ursachen im Zusammenhang mit dem Verdacht eines Vergehens nach §§ 180 und 181 stehen, wurde dieser Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft Wels zur Anzeige gebracht. Bisher ist eine vollständige Abgrenzung des betroffenen Gebietes noch nicht abgeschlossen. Aufgrund der hohen Konzentrationen an Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser und der bestehenden Erfahrungen mit dem Abbau dieser Stoffe, ist auch davon auszugehen, dass es sich um eine lang andauernde Verunreinigung handelt.
Die weiteren Erhebungen der Abteilung Grund- und Trinkwasserwirtschaft hinsichtlich der Ursachenermittlungen beschränken sich nicht nur auf den Bereich der Landwirtschaft.
Umfassenden Analyse auf Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe und deren Abbauprodukte
Zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität wurde auch der derzeit in Verwendung stehende Brunnen Föding der öffentlichen Wasserversorgungsanlage Ohlsdorf einer umfassenden Analyse auf Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe und deren Abbauprodukte unterzogen. Es wurde dabei festgestellt, dass die oben angeführten Substanzen nicht gefunden wurden. Derzeit laufen weitere Beprobungen von Trinkwasserversorgungsanlagen im vermuteten betroffenen Gebiet. Die bisherigen Ergebnisse zeigen dabei keine Überschreitungen von Grenzwerten bei öffentlichen Wasserversorgungsanlagen oder Lebensmittelbetrieben. Bei einigen privaten Hausbrunnen wurden diese Substanzen jedoch nachgewiesen.
Wesentliche Information der Expertengruppe ist aber, dass bei sämtlichen gezogenen Proben der betroffenen Brunnen keine Konzentrationen nachgewiesen wurden, die toxikologisch bedenklich sind und somit auch KEINE Gesundheitsgefährdung für die Konsument/innen gegeben war und ist.