Frau B. darf die Wohnung nicht verlassen, ohne zu sagen wohin sie geht, mit wem sie sich trifft und wann sie wieder zu Hause ist. Ihr Handy und ihre e‑mails werden kontrolliert mit wem sie Kontakt hat, wer sie angerufen hat; sie hat Schuldgefühle, wenn sie sich ein paar Minuten verspätet.
Ihr Ehemann glaubt ihr nicht, dass sie sich mit einer Freundin trifft. Schon wieder kommt es zum Streit – ein schlimmer diesmal. Auf eifersüchtige Vorwürfe folgen Erniedrigungen – geh nur, du wirst schon sehen, wie weit du ohne mich kommst! Du bist ohne mich nichts wert, ohne mich schaffst du es nicht, du kannst nichts….du bist sowieso zu alt für einen anderen…..
Frau B. ist verzweifelt – diese Streitereien kommen oft vor in letzter Zeit — wenn es ganz schlimm ist und er getrunken hat, schlägt er sie auch. Oder wartet bis sie nach Hause kommt – stinksauer und wütend – wieder Vorwürfe, ein paar schnelle Ohrfeigen, um wieder zu zeigen, wer in diesem Haus das Sagen hat.
Der nächste Morgen – die roten Flecken im Gesicht sieht man schon fast nicht mehr. Entschuldigungen vom reumütigen Ehemann – ich hab‘s nicht so gemeint- ehrlich, ich trink nie wieder, ich wollte dich nicht schlagen… ein Strauß Rosen wird die Sache wieder beruhigen.
Frau B. seufzt. Da ist er wieder, der nette umgängliche Mann, den sie einmal geheiratet hat. Doch sie kennt diese Situationen bereits – beim nächsten Anlass beginnen die Streitereien von vorne.
Frau B. sucht sich Hilfe.
Diese findet Frau B. in Bad Ischl in der Frauenberatungsstelle. Dort kann Frau B. loslassen, ihre Situation schildern. Dort wird sie verstanden. Sie bekommt Informationen, wie sie sich verhalten kann, Wege aus dieser Situation werden mit ihr besprochen. Alternativen aufgezeigt. Sie kann entscheiden was sie tun wird. Niemand schreibt ihr etwas vor. Sie hat Rechte und sie kann geschützt werden. Sie erfährt, dass ihrem Mann verboten werden kann, die Wohnung zu betreten.
Durch solch ein Betretungsverbot kann sie in der Wohnung bleiben — sogar bis zur Scheidung, falls sie diese einreichen will. Sie erfährt, dass Gewalt viele Gesichter hat und dass eines davon auch die krankhafte Eifersucht, die ständige Kontrolle und die Erniedrigung ist. Frau B. hat bereits einen der wichtigsten Schritte gesetzt um aus dieser Gewaltspirale auszubrechen. Sie hat die Gewalt als solche benannt und weiß, dass sie nicht mehr alleine ist – egal, welche Entscheidungen sie weiterhin trifft – in der Beratungsstelle sind die Türen für sie jederzeit offen.
Frau B. ist ein Beispiel für viele Frauen, die die Frauenberatungsstelle in Bad Ischl aufsuchen. Im Jahr 2012 war Gewalt in 9% der Beratungsgespräche Thema. 2013 waren es bis Ende Oktober bereits 13 %. 26 Frauen haben um die Notwohnung der Beratungsstelle angefragt. Im Bezirk Gmunden gab es bis Ende September bereits 37 Betretungsverbote und Wegweisungen (zum Vergleich: 2012 waren es im ganzen Jahr 38 Betretungsverbote und Wegweisungen).
Frauenberatungsstellen und Gewaltschutzzentren unterstützen und beraten Frauen auf ihrem Weg aus der Gewalt. Bahnhofstraße 14, Tel.: 06132 21331, www.frauensicht.at