Im Prozess gegen den 39-jährigen Gmundner Unternehmer — er soll im Sommer vergangenen Jahres nach einer ausgelassenen Tennisfeier eine Bekannte vergewaltigt und getötet haben — ging am Dienstag in die vorletzte Runde. Neben zahlreichen Sachverständigen und Gerichtsmedizinern wurde auch der österreichische Profiler und Kriminalpsychologe Dr. Thomas Müller zu seinem Gutachten befragt.
“Mein Gutachten basiert auf keinem Explorationsgespräch — ich hatte weder Kontakt zu dem Beschuldigten, noch kenne ich die Person. Für mich als Gutachter ist der Tatort als Gesamtheit, das Opfer sowie das gerichtsmedizinische Gutachten von Bedeutung. Meine Aufgabe ist es, das Verhalten der Person zu bewerten, ohne diese zu kennen. Anhand der getätigten Entscheidungen und Handlungen am Tatort können wir klassifizieren!”, so der Profiler.
“Das Verletzungsmuster der Gmundner Tanzlehrerin Ingrid Scherrer kann nicht durch ein reines Sturzgeschehen herbeigeführt werden!”, führt der Kriminalpsychologe aus und weiter: “Die häufigsten Tötungsdelikte sind Aggressionsdelikte oder Bereicherungsdelikte — keines dieser trifft auf diesen Fall zu.”
“Es war ihm wurst!“
Der Kriminalpsychologe geht in seinem Gutachten von einem persönlichen Tötungsdelikt aus, dem eine Konfliktsituation vorausgegangen sein muss. Aufgrund der hohen spontanen Aggression sei der Täter nicht sexuell motiviert gewesen. “Viel mehr sei davon auszugehen, dass das Selbstwertgefühl des Täters angekratzt wurde, wodurch auf die Situation mit Eskalation reagiert wurde und der Täter es gezielt in Kauf genommen habe, dass das Opfer auch stirbt. Wir sprechen hier von einem eskalierenden Tötungsdelikt. Um das Opfer zu demütigen wurde es schließlich auch noch sexuell missbraucht, in Bauchlage liegend und nicht zugedeckt zurück gelassen”, so Müller und weiter: “Es war ihm schlichtweg wurst!”
Ein weiterer Sachverständiger und Experte der Verletzungslehre schilderte anhand von Fotos des Opfers die verschiedenen Verletzungsmuster am Opfer. “Die Schädelbasis war komplett durchgebrochen, wir sprechen hier von einem Schädelbasisschanierbruch. Diese Art von Brüchen sei extrem selten und komme vergleichbar bei Unfällen zwischen einem Menschen und einer Straßenbahn oder mit einem direkten Zusammenstoß mit einem Lastwagen zustande. Daher sei von einem reinen Sturzgeschehen nicht auszugehen.”
Ein Experte der TU Graz zeigte anhand erstellter Modellberechnungen — welche in Zusammenarbeit mit schwedischen Kollegen durchgeführt wurden — die Unfalldynamik und mit welcher Wucht auf das Opfer eingeschlagen worden sein muss. “Ein Sturz aus rund 1,5 Metern (Anm. Gewalteinwirkung mit rund 20km/h) kann diese Art der Verletzungen nicht herbei führen. Sie muss mindestens dem Doppelten entsprochen haben!”, so der Experte.
Mehr als 100 DNA Spuren sichergestellt
Ein weiterer Gutachter hat die DNA des Angeklagten auf der Kleidung der Frau, bei Abstrichen und unter ihren Fingernägeln gesichert. Am Gewand des Mannes und seinen Schuhen hingegen habe er keine Spuren, auch kein Blut, festgestellt, so der Sachverständige. Die Kleidung sei offensichtlich frisch gewaschen gewesen.
Das spätere Opfer und der Beschuldigte hatten in der Nacht auf den 7. Juli mit Sportkollegen in ihrem Tennis-Club gefeiert. Zwei Tage später wurde die Frau schwer verletzt, halb nackt und nicht ansprechbar in ihrem Garten gefunden. Sie starb im Krankenhaus, ohne noch einmal das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Der 39-Jährige gibt einvernehmlichen Sex mit ihr zu, mit ihrem Tod will er aber nichts zu tun gehabt haben.