Am 13. August 1894 nahm die Straßenbahn Gmunden ihren Betrieb auf. Heute, 120 Jahre später, wird die alte Dame einer Frischzellenkur unterzogen. Als Teil der stadt.regio.tram. Gmunden-Vorchdorf wird sie auch für künftige Generationen ein wichtiger Teil des öffentlichen Verkehrs in der Traunseestadt sein.
Die Gmundner Straßenbahn ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes Mit einer Streckenneigung von 10 % zählt sie zu den steilsten Adhäsionsbahnen der Welt. Mit einer Streckenlänge von nur 2,3 km, fünf Triebwagen und fünf Mann Personal gilt sie außerdem als kleinster elektrischer Straßenbahnbetrieb der Welt, der jährlich rund 300.000 Fahrgäste befördert. Ursprünglich wurde sie allerdings als Lokalbahn und nicht als Straßenbahn bezeichnet. Anfangs- und Endpunkt lagen in zwei verschiedenen Gemeinden, Gmunden und Altmünster. Kraftwerk und Remise wurden damals auf noch Altmünsterer Gemeindegebiet errichtet –möglichst weit entfernt vom Kurareal. Die Bahn sollte vom Gmundner Rathausplatz bis zum Bahnhof eine Länge von 2,6 km aufweisen. Die Idee, die Linie nach Altmünster abzweigen zu lassen, konnte nicht verwirklicht werden.
Projekt mit Vorbildwirkung
In einer unglaublich kurzen Bauzeit von nur einem halben Jahr entstand das Vorzeigeprojekt. Der Fahrpark bestand bei Inbetriebnahme 1894 aus drei Triebwagen. Die Höchstgeschwindigkeit betrug, je nach Steigung, zwischen 8 und 25 km/h. Neun Haltestellen wurden angefahren, wobei nur die Haltestelle beim „Stadtpark“ (heute Tennisplatz) vorerst ein Wartehäuschen erhielt. Anfang Juli 1894 verkehrten die ersten Probezüge, am 13. August 1894 wurde der Betriebsbeginn gebührend gefeiert. Im ersten Geschäftsjahr beförderte die Bahn bereits 111.000 Fahrgäste. Durch den großen Erfolg der elektrischen Gmundner Lokalbahn wurden auch die Pferdestraßenbahnen in Linz und Wien 1897 langsam auf elektrischen Betrieb umgerüstet.
1975 wurde die Strecke vom Rathausplatz zum Franz-Josef-Platz verkürzt. Seit der Verkürzung waren die Fahrgastzahlen rückläufig, was zu einer ersten Einstellungsdiskussion führte. Ende der 1980-er-Jahre drohte dem Gmundner Wahrzeichen erneut die Einstellung. Nicht zuletzt dem unermüdlichen Engagement des Vereins „Pro Gmundner Straßenbahn“ ist es zu verdanken, dass die Einstellung abgewendet werden konnte.
Volle Fahrt voraus
Heute kann die Straßenbahn optimistisch in die Zukunft blicken. Durch die Realisierung der stadt.regio.tram. Gmunden-Vorchdorf, den Zusammneschluss der Traunseebahn mit der Gmundner Straßenbahn, kann der Bestand der Straßenbahn gesichert werden. Der Straßenbahnbetrieb zwischen Bahnhof und Franz-Josef-Platz wie bisher würde nach 2015 durch das Behindertengleichstellungsgesetz sehr schwierig aufrecht zu erhalten sein, da für die Wartung der barrierefreien Triebfahrzeuge eine eigene Werkstätte gebaut werden müsste. Mit der Durchbindung können nun die Fahrzeuge der Straßenbahn in der Stern & Hafferl-Werkstatt in Vorchdorf gewartet werden.
Spatenstich am 2. September
Am 2. September fällt mit dem Spatenstich am Gmundner Klosterplatz der offizielle Startschuss für die stadt.regio.tram Gmunden–Vorchdorf. Im Juni 2017 wird eine lückenlose Durchfahrt von Vorchdorf bis zum Hauptbahnhof Gmunden möglich sein. Für ArbeitnehmerInnen und Betriebe entlang der Strecke bringt die stadt.regio.tram. mehr Flexibilität und macht den Umstieg vom PKW auf die Bahn noch attraktiver. Zahlreiche Schulen in Gmunden sowie wichtige Sozialeinrichtungen, Ämter, Behörden sowie Arztpraxen entlang der stadt.regio.tram. sind künftig leicht und sicher für jedermann erreichbar. Begleitend zur Durchbindung der Straßenbahn wird ein zukunftsweisendes Stadtentwicklungsprogramm gestartet. Durch die Neugestaltung von Straßen und Plätzen, aber auch die Sanierung der bestehenden Infrastruktur, leistet das Gesamtprojekt einen wesentlichen Mehrwert für alle Gmundnerinnen und Gmundner, Gäste und TouristInnen sowie die BewohnerInnen in den stadt.regio.tram-Gemeinden Gschwandt, Kirchham und Vorchdorf.
Als stadt.regio.tram bekommt die Straßenbahn nicht nur einen kräftigen Impuls für die Zukunft. Auch die historischen Garnituren werden vermehrt zu bewundern sein und historische Straßenbahnfahrten zur Station Engelhof, dem ältesten noch in Betrieb befindlichen Bahnhof Europas (1836), werden zur Touristenattraktion. Nähere Infos zur stadt.regio.tram. unter www.stadtregiotram-gmunden.at
Fotos: Helmut Neumann und Fotomontage Döllmann