Das Armutsnetzwerk Vöcklabruck, eine Plattform von sozialen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Einrichtungen, stellt nach einem Jahr Corona-Krise fest:
„Damit die Corona-Pandemie nicht zu einer Pandemie der Armut wird, brauchen wir einen starken Sozialstaat! Die Corona-Krise trifft Menschen mit geringen Einkommen ganz besonders hart und sie verschärft die sozialen und finanziellen Ungleichheiten. Einsamkeit, Depressionen und Ängste nehmen zu, besonders in Haushalten, wo noch existenzielle Sorgen dazukommen“, so Bert Hurch-Idl, Sprecher des Armutsnetzwerkes.
„Dabei nehmen wir wahr, dass der Sozialstaat in der Krise wirkt! Der Schutz der Gesundheit und des Überlebens hat für die Politik oberste Priorität. Kurzarbeitslosigkeit, Arbeitslosengeld, Beihilfen usw. greifen“, meint Hurch-Idl. Aber der Sozialstaat müsse dort, „wo er Schwächen hat, verbessert werden und auch eine strukturell langfristige Absicherung schaffen jenseits von Almosen.“
Dazu gehört aus Erfahrung und Praxis in den verschiedenen Einrichtungen besonders:
- Eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70%
Die Rekordarbeitslosenzahlen machen deutlich: niemand, vor allem nicht Niedrigverdiener*innen, können von 55% des Einkommens leben. Eine Anhebung des Familienzuschlages beim Arbeitslosengeld auf 100€/Monat würde gegen die drohende Kinderarmut wirken. Angeleichung der Notstandshilfe auf das Arbeitslosengeld.
- Wiedereinführung einer guten Mindestsicherung, die existenzsichernd und armutsfest ist
Die Sozialhilfe neu stellt eine massive Verschlechterung für viele Betroffene dar. Für Wohnungslose, für Arbeitssuchende, für Menschen mit Behinderung, für Drittstaatangehörige und für Familien mit Kindern bringt sie schlimme finanzielle Einbußen. Deshalb sollte das Land Oberösterreich als 1. Schritt den Zugang zur Sozialhilfe vereinfachen mit dem Ziel, den Betroffenen rasche (!) finanzielle Unterstützung zu leisten.
- Leistbares Wohnen
Wohnen ist für viele nicht mehr leistbar und zu einem hohen Armutsrisiko geworden. Deshalb braucht es verstärkt sozialen Wohnbau sowie einen stärkeren Delogierungsschutz. Das Land Oberösterreich soll im Rahmen eines Covid-19-MieterInnen-Fonds mindestens 3 Mio. Euro Soforthilfe zur Verfügung stellen, um drohende Delogierungen abzuwenden und Wohnungen langfristig zu sichern. Das Land Oberösterreich soll den Zugang zur Wohnbeihilfe vereinfachen und beschleunigen, damit sich die Menschen in unserem Land Wohnen nachhaltig leisten können – auch nach Abklingen der Pandemie.
- Arbeitsplatzoffensiven
Gute Arbeit ist der beste Schutz gegen Armut. Diese muss aber auch entsprechend entlohnt sein: Einführung eines Mindestlohns von 1750€ bei Vollzeitbeschäftigung. Darüber hinaus braucht es öffentliche Investitionen, um dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen und weitere Beschäftigungsprogramme zu finanzieren, besonders in Branchen mit Fachkräftemangel (Pflege, Klima …), ebenso wie im zweiten Arbeitsmarkt. Insbesondere für Jugendliche sind eine gute (Aus-)Bildung und eine Jobgarantie wichtig, um ihre Zukunft zu sichern. Dazu gehören auch überbetriebliche Lehrwerkstätten und Produktionsschulen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.
- Angebote für die psychische Gesundheit ausbauen
Viele Menschen leiden zusehends unter den Folgen der Pandemie (Ängste, Depressionen, existentiell prekäre Situationen …). Deshalb ist eine gute Versorgung mit entsprechenden Angeboten von Krisenintervention, Sozialarbeit, Beratungsstellen bis hin zu Psychotherapie, insbesondere auch für Kinder und Jugendliche, von nachhaltiger Bedeutung.
Foto: Bert Hurch Idl