Verkehr ohne Ende?
Bad Ischl und das Salzkammergut werden neben Bodo (Norwegen) und Tartu (Estland) 2024 Europäische Kulturhauptstadt sein. Für die Region Salzkammergut ist das eine große Chance, sich als attraktive Urlaubsregion über die Grenzen Österreichs hinweg neu zu positionieren. Die inhaltlichen Vorbereitungen sind im Laufen, doch wie steht es um die Vorbereitungen beim PKW-Verkehr, den der zu erwartende Andrang an Tagesgästen verursachen wird?
Seit 1985 werden jedes Jahr ein oder mehrere Städte zu Kultur(haupt)städten Europas ernannt. 2024 wird das Salzkammergut unter Führung von Bad Ischl diesen Titel tragen. „Förderungen für Kulturschaffende, Investitionen in Kulturgüter der Region und am Ende eine große Schar an Tourist*innen sind dadurch zu erwarten. Viele werden sich auf den Weg machen, um dieses Angebot in einer der schönsten Landschaften Europas in Anspruch zu nehmen. Ein enormer Impuls für die ganze Region!“, meint Uli Feichtinger, Bürgermeisterkandidatin der Grünen Gmunden.
Die gravierende Auswirkung auf die Gästezahlen durch den Titel Kulturhauptstadt zeigte bereits das Beispiel Graz im Jahr 2003. Dort erhöhte sich die Zahl an Tagestourist*innen um das 3‑fache, und blieb zumindest im Folgejahr auf ähnlich hohem Niveau. „Wieviel Tourismus und entsprechenden Verkehr erwarten wir für das Salzkammergut im Jahr 2024?“, fragt sich Peter Grundnig von den Grünen Gmunden und ergänzt: „Die Region leidet bereits jetzt unter massivem touristischen Verkehr in Form von PKWs und Reisebussen. So gibt es an bestimmten Tagen lange Staus, die das Salzkammergut zum längsten Parkplatz Österreichs machen.“
Gründe für den starken Reiseverkehr via PKW und Bussen gibt es genug: Da die Zufahrt mit dem Auto in viele Ortszentren weiterhin gestattet ist, kann das Öffi-Angebot im Salzkammergut beim Zeitaufwand nicht mit dem Auto mithalten. Für Gäste, deren Heimatort nicht direkt an der Westbahn oder auf der Bahnstrecke von Graz liegt, ist es zeitlich einfach nicht attraktiv mit der Bahn anzureisen. Es fehlen zudem Angebote für den letzten Kilometer, wie z.B. Radverleih an Bahnhöfen.
„Aufgrund des zu erwartend hohen Verkehrsaufkommens im Jahr der Kulturhauptstadt 2024 fordern wir Grüne daher die rasche Entwicklung und Umsetzung eines Verkehrskonzeptes. Sonst werden wir den Verkehrs-Tsunami nicht in den Griff bekommen!“, so Peter Grundnig. Er hat für die Grünen Gmunden federführend ein Verkehrskonzept für die Region Salzkammergut im Jahr der Kulturhauptstadt 2024 entwickelt. Dieses wurde beim VCÖ für den Mobilitätspreis OÖ eingereicht und dem Team der Kulturhauptstadt übergeben.
Vorrangig ist der Ausbau und die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs in das Salzkammergut hinein, aber auch innerhalb der Region. Dazu kommt in diesem Konzept, die Anzahl der einreisenden PKWs und Reisebusse zu begrenzen und Tagesgäste auf öffentliche Verkehrsmittel umzulenken. „Denn das Verkehrschaos führt sowohl bei Einheimischen als auch bei Tourist*innen nur zu Frust! Gäste sollen an bestimmten Tagen daher ihre Einfahrt ins Salzkammergut über die Salzi-App anmelden. So behält man den Überblick und kann die Gästeströme rechtzeitig auf Alternativen umlenken,“ beschreibt Peter Grundnig die grundlegende Idee des Verkehrskonzeptes. Die Bewerbung der Salzi-App, der attraktiven Alternativen zum PKW und des Salzkammergutes als Region mit reduziertem Autoverkehr muss Teil der Tourismuswerbung werden.
Uli Feichtinger versichert: „Es geht nicht um eine Beschränkung von Gästezahlen, sondern darum, den Umstieg vom Auto auf die Öffis effizient und leicht zu gestalten!“ Große Städte schaffen dies mit einem sehr guten Öffi-Angebot, Parkgebühren, 30km/h‑Zonen und City Maut. Orte wie Zermatt oder Lech am Arlberg haben bereits erkannt, dass es ein Qualitäts-Bonus für den Tourismus ist, wenn man den Autoverkehr reduziert oder sogar ganz unterbindet.
„Unser gemeinsames Ziel muss es sein, das Salzkammergut so zu positionieren, dass Tourist*innen, die eine Reise hierher planen, sofort an eine Anreise via Zug denken und nicht wie jetzt mit dem Auto!“, erläutert Peter Grundnig. Die Kulturhauptstadt 2024 soll all die erwartbaren positiven kulturellen und wirtschaftlichen Impulse bringen – und sie soll zur aktiven Gestaltung im Verkehrsbereich genutzt werden. „Für ein attraktives Salzkammergut ohne viel touristischen PKW-Verkehr und nicht für Verkehr ohne Ende!“, so Grundnig abschließend.
Foto: Otto Kienesberger