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Salzkammergut-Klinikum startet Initiative „Gewaltfreies Krankenhaus“:

26. September 2017
in Bad Ischl, Gesundheit, Gmunden
0
Salzkammergut-Klinikum startet Initiative „Gewaltfreies Krankenhaus“:

Gemeinsam im Kampf für ein gewaltfreies Krankenhaus (v.l.n.r.): Mag. Karl Lehner, MBA, Mitglied des Vorstands der gespag, Mag.a Christine Haberlander, Landesrätin für Gesundheit, Bildung und Frauen, Mag.a Gabriele Aster, MBA,Pflegedirektorin Salzkammergut-Klinikum und Dr. Tilman Königswieser, MPH, Ärztlicher Direktor Salzkammergut-Klinikum. (Bildquelle: gespag)

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Initiative „Gewaltfreies Krankenhaus“: Salzkammergut-Klinikum startet gespag-weites Konzept

Verbale Übergriffe, Drohungen, körperliche Gewalt – aggressive Handlungen gegenüber Mitarbeiter/innen in Gesundheitseinrichtungen gehören zum Berufsalltag. Oftmals hingenommen und akzeptiert handelt es sich hierbei zweifellos um ein Tabu-Thema, das erst langsam aufzubrechen scheint.

Das Salzkammergut-Klinikum – als Pilot-Spital innerhalb der gespag – hat sich diesem wichtigen Thema umfassend angenommen und die Initiative „Gewaltfreies Krankenhaus“ gegründet. Nach Evaluierung der zentralen Erkenntnisse erfolgt das gespag-weite Rollout.

Gemeinsam im Kampf für ein gewaltfreies Krankenhaus (v.l.n.r.): Mag. Karl Lehner, MBA, Mitglied des Vorstands der gespag, Mag.a Christine Haberlander, Landesrätin für Gesundheit, Bildung und Frauen, Mag.a Gabriele Aster, MBA,Pflegedirektorin Salzkammergut-Klinikum und Dr. Tilman Königswieser, MPH, Ärztlicher Direktor Salzkammergut-Klinikum. (Bildquelle: gespag)

Untersuchungen in allgemeinen Krankenhäusern, Geriatrie-Zentren und psychiatrischen Einrichtungen in Österreich zeigen, dass knapp 80 % der Mitarbeiter/innen in den letzten zwölf Monaten verbalen Übergriffen ausgesetzt waren. 60 % sind mit körperlichen Attacken konfrontiert.

„Besorgniserregende Fakten und eine noch viel höhere Dunkelziffer zwingen uns zum Handeln. Gewalt im Gesundheitswesen darf und soll nicht länger hingenommen werden. Es geht dabei nicht um Skandalisierung, sondern um ganzheitliche Lösungen im Sinne aller Beteiligten“, betont Gesundheitslandesrätin Mag.a Christine Haberlander und ergänzt: „Oft sind es kleine Interventionen, die, gewusst wie, schlimme Folgen wie zum Beispiel posttraumatische Belastungsstörungen verhindern können.“

Zum Ziel der aggressiven Handlungen werden überwiegend Mitarbeiter/innen des Pflegedienstes (80 %) sowie Ärztinnen und Ärzte (17 %).

Mag. Karl Lehner, MBA (Foto: Gespag)

„Für uns als gespag war es von Anfang an entscheidend, ein ganzheitliches und umfassendes Konzept zu erarbeiten. Das heißt alle relevanten Berufsgruppen unserer sechs Spitäler – 1.038 Mediziner/innen sowie 3.583 Pflegekräfte – werden in gleichem Maße angesprochen und alle Arten von Gewalt berücksichtigt. So sprechen wir einerseits sowohl von Vorfällen verhaltensauffälliger Patient/innen und Besucher/innen an unseren Mitarbeiter/innen – als auch umgekehrt. Und andererseits von Besucher/innen-Übergriffen an Patient/innen sowie innerbetrieblichen Gewaltvorfällen – demnach Vorfällen zwischen Kolleginnen und Kollegen. Es geht darum, das Thema Gewalt in all seinen Facetten in den Mittelpunkt zu stellen. Es gilt zu sensibilisieren und den Mitarbeiter/innen das nötige Rüstzeug im Umgang mit aggressivem Verhalten in die Hand zu geben“, erklärt gespag-Vorstand Mag. Karl Lehner.

Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick

Der erste Maßnahmen-Block beschreibt jene vor dem Ereignis/ dem Vorfall selbst und umfasst demnach den entscheidenden Bereich der Prävention.

Mag. Gabriele Aster, MBA (Foto: Gespag)

Info-Veranstaltung für ALLE Mitarbeiter/innen zum Thema Gewalt
Mit den, im Laufe des heurigen Jahres durchgeführten, Info-Veranstaltungen für alle 2.819 Mitarbeiter/innen des Salzkammergut-Klinikums wurde versucht, für das Thema „Gewalt und herabwürdigendes Verhalten“ zu sensibilisieren. „Wir wissen aus Erfahrung, dass die Dunkelziffer in diesem Kontext ungemein groß ist. Daher ist es entscheidend, den Kolleg/innen das Gefühl zu vermitteln, dass sie Gewaltattacken nicht einfach hinnehmen müssen. Dass sie kein bloßes Berufsrisiko darstellen, sondern dass es Grenzen gibt, die eingehalten werden müssen“, betont Mag.a Gabriele Aster, Pflegedirektorin des Salzkammergut-Klinikums.

Führungskräfte-Schulungen
Die 89 im Salzkammergut-Klinikum tätigen Führungskräfte haben bereits eine entsprechende Schulung absolviert. In diesem Zusammenhang wurden schwerpunktmäßig die Arten von Gewalt aufgezeigt sowie die Meldeprozesse und die richtige Betreuung und Begleitung betroffener Mitarbeiter/innen thematisiert.

Deeskalationstrainings
All jene Mitarbeiter/innen, die an besonders exponierten Bereichen im Krankenhaus tätig sind – wie z.B. Akutaufnahme, Unfallambulanz, Psychiatrie und Kreissaal – sollen ein mehrtägiges Deeskalationstraining absolvieren. Dafür wurden bis dato drei sogenannte Deeskalationstrainerinnen im SK Vöcklabruck ausgebildet. Weitere SK-Mitarbeiter/innen absolvieren die Trainer/innen-Ausbildung im September 2017.

„Bisher konnten wir so 47 Personen in fünftägigen Deeskalationstrainings und 29 Mitarbeiter/innen in dreitägigen Trainings ausbilden. Für Herbst 2017 sind noch insgesamt 40 Personen für diese Form der Schulung angemeldet. Ihrem Beispiel sollen 2018 weitere 130 Mitarbeiter/innen folgen“, so Gabriele Aster weiter.

Leitlinien für Mitarbeiter/innen und Führungskräfte
Kommt es zu einem Vorfall, so können die Mitarbeiter/innen und Führungskräfte ab sofort auf Leitlinien und konkrete Verfahrensanweisungen zurückgreifen. Der Ablauf und das Meldesystem sind genau festgehalten und den Betroffenen wird sofortige kollegiale Begleitung und Unterstützung in den ersten entscheidenden Minuten und Stunden angeboten.

„Selbstverständlich entscheidet nach einem Ereignis die betroffene Mitarbeiterin/der betroffene Mitarbeiter selbst, ob und welche Hilfsangebote sie/er in Anspruch nimmt. Für traumatisierte Menschen sind beide Seiten entscheidend: Die Sicherheit, unterstützt zu werden und die Autonomie, selbst darüber zu bestimmen“, ergänzt Aster.

Folder für Patient/innen
Neben den Mitarbeiter/innen gilt es auch bei den Patient/innen für die nötige Sensibilisierung zu sorgen. Dazu dienen eigens dafür gestaltete Folder, die in den Patient/inneninformationsmappen eines jeden Zimmers integriert werden.

Dr. Tilman Königswieser, MPH (Foto: Gespag)

Aktuell werden alle Vorfälle dokumentiert
„Seit nunmehr drei Monaten werden an den drei Standorten – Bad Ischl, Gmunden und Vöcklabruck – des Salzkammergut-Klinikums alle Vorfälle dokumentiert. Hierzu wurden einfache, elektronische Formulare geschaffen und eine eigene Meldestelle mit einer entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterin installiert“, erklärt Dr. Tilman Königswieser, Ärztlicher Direktor des Salzkammergut-Klinikums.

Bislang sind 24 Gewaltereignisse in der Meldestelle eingelangt. Bei acht Angaben handelte es sich um physische, bei sechs um verbale Angriffe. Der überwiegende Teil (neun Nennungen) waren Attacken verbaler UND physischer Natur. Eine Meldung beschrieb eine sexuelle Belästigung.

Teil des Alltags
Damit das Thema in den Alltag Einzug hält, sind auch regelmäßige Reflexions-Veranstaltungen vorgesehen. So sollen bei den Stations-Leitungssitzungen der Pflege regelmäßig Beispiele eingebracht und thematisiert werden. In berufsübergreifenden Reflexionscafés, die einmal im Quartal stattfinden werden, können sich Mitarbeiter/innen zu diesem wichtigen Thema austauschen. „Außerdem möchten wir für stationäre Patient/innen und ihre Angehörigen Sprechstunden einführen, um etwaig auftretende Problemstellungen möglichst bald aufzufangen und abzufedern“, gibt Königswieser nähere Einblicke in weitere geplante Maßnahmen.

gespag-Rollout 2018
„Mit 2017 endet die Evaluierungs- und Optimierungsphase im Salzkammergut-Klinikum. In einem nächsten Schritt soll die Implementierung und Umsetzung der Initiative an allen gespag-Standorten erfolgen“, so gespag-Vorstand Karl Lehner abschließend.

Bildquelle: gespag

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