Gemeinderat beauftragt Wettbewerbssieger
Nach einem geladenen Wettbewerb mit vier Einreichungen steht fest, wie das im Jahr 2020 beschlossene neue Mahnmal für die Gmundner Opfer des Nationalsozialismus ausschauen wird. Der Gemeinderat hat soeben die Beauftragung des Wettbewerbssiegers beschlossen. Es ist der Gmundner Architekt und HTL-Lehrer DI Kurt Ellmauer.

Die prominent besetzte Jury hatte sich Mitte Februar einstimmig für Ellmauers auf der Ufermauer des Hermann-Kais montiertes Schriftband aus Bronzeblech mit den Namen der zu Tode Gekommenen entschieden und dabei die klare, schlichte und hoch poetisch Wirkung dieser Arbeit betont. Hier der Spruch der Jury:
“An Kurt Ellmauers Arbeit überzeugt ihre Klarheit, Schlichtheit und Unaufdringlichkeit. Im aktuellen internationalen Kunst-Kontext ist diesen Qualitäten gegenüber einer monumentalen, skulpturalen Lösung, die auf Wucht oder gar die Abbildung geschundener Körper setzt, der Vorzug zu geben.

Ellmauers Mahnmal für alle Gmundner Opfer des Nationalsozialismus korrespondiert auf ideale Weise mit der Umgebung. Alle Aufmerksamkeit gehört den Namen der Ermordeten, die über der Ufer-Brüstung in der Nachmittagssonne aufleuchten. Diese Menschen bleiben für die Nachwelt präsent, und doch verflüchtigen sich ihr Leben und Leiden angesichts der oben abgefrästen Buchstaben im Glitzern der Traunsee-Wellen.
Diese eindringliche poetische Wirkung bedarf keiner langen Erläuterung. Sie entfaltet sich für nahezu alle Einheimischen und Gäste, die die Esplanade, die attraktivste und am häufigsten frequentierte Meile Gmundens, entlang spazieren.”
Mitglieder der Jury:
Mag.a Hannah Lessing — Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich, Wien
Dr.in Elisabeth Fiedler — Chefkuratorin und Leiterin des Institutes für Kunst im öffentlichen Raum, Museum Ioanneum, Graz
Dr. Gregor Holzinger, Leiter der Forschungsstelle des Mauthausen Memorial (gebürtiger Gmundner)
Dr. Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichtemuseums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee
Dr. Andreas Hecht, Gmundner Kulturreferent

Motiv, Entstehungsgeschichte
Gmundens Erinnerungskultur (Kriegerdenkmal am Seebahnhof, Stalingrad-Denkmal am Hochkogel, Soldatenfriedhofs-Areal) war Jahrzehnte unausgewogen: Sie richtete sich auf gefallene Soldaten und eine Handvoll politische Opfer, deren Namen ein Gedenkstein am Stadtfriedhof trägt. Alle anderen waren bislang nirgendwo im öffentlichen Raum präsent.
Die Schrift auf der Ufermauer nennt nun aber von Mag. Holger Höllwerth recherchierte 65 Gmundnerinnen und Gmundner, die aus politischen oder rassistischen Gründen ermordet wurden oder anders zu Tode kamen, viele aus der gänzlich ausgelöschten großen jüdischen Gemeinde Gmundens, Menschen mit Behinderungen, die der sogenannten Rassenhygiene zum Opfer fielen, und Menschen, die wegen ihrer religiösen oder sexuellen Orientierung verfolgt wurden.
General a. D. Hubertus Trauttenberg (einst Adjudant von Bundespräsident Thomas Klestil und mutiger Befürworter der „Wehrmachtsausstellung“) und Mag. Holger Höllwerth (Co-Autor des zeitgeschichtlichen Standardwerkes „Gmunden 1918 – 1945, eine Stadt in stürmischen Zeiten“ und Autor einer demnächst erscheinenden Geschichte der Juden in Gmunden) regten an, dass es der Stadt gut anstünde, endlich aller Opfer zu gedenken und fanden sofort Gehör. Im Dezember 2020 fasste der Gemeinderat mit großer Mehrheit den Beschluss zur Errichtung eines zeitgemäßen Mahnmals.
Neuer, besserer Standort
Das Mahnmal sollte ursprünglich vor dem Haupteingang des Stadtfriedhofes errichtet werden, doch auf Geheiß des neuen Kulturausschusses unter seinem Obmann Dr. Andreas Hecht wurde der Standort noch während der Ausschreibungszeit auf die Esplanade verlegt. Das Mahnmal und sein Statement sollen auf der attraktivsten und auch von Touristen am meisten frequentierten Meile der Stadt die größtmögliche Aufmerksamkeit bekommen. Auch Jurymitglieder und alle Einreichenden vertraten diese Meinung.
Das Mahnmal wird in diesem Sommer errichtet werden. QR-Codes werden interessierte Betrachter zu den im Web hinterlegten Lebensgeschichten der Opfer führen. Die geschätzten Projektkosten liegen bei rund 57.000 Euro. Der Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus hat eine maßgebliche Förderung zugesagt.
Statement von Kulturausschussobmann Dr. Andreas Hecht
„,Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht!‘ Mit diesem Zitat von Max Mannheimer* als Argument haben wir 2020 im Gemeinderat den Beschluss zur Errichtung eines NS- Opfer-Mahnmals gefasst. Diese besagte Verantwortung nehmen wir als eine der ersten Städte an, denn wir wollen das, durch einstimmigen Juryentscheid ausgewählte Siegerprojekt jetzt rasch umsetzen. Für mich ist das nicht nur ein politischer Auftrag, sondern eine Herzensangelegenheit.
Was die Standortfrage betrifft, so bin ich der Meinung, dass ein Denkmal nur dann auch ein gutes Mahnmal ist, wenn es unmittelbar wahrgenommen wird und damit auch ein wenig unbequem ist. Eine Positionierung an einer so schönen und stark frequentierten Stelle wie der Esplanade ist für mich daher nur folgerichtig.“
*(1920–2016, Holocaust-Überlebender und Schriftsteller)
Infos & Fotos: Stadtgemeinde Gmunden