salzi.at - Aktuelles aus dem Salzkammergut

Mahnmal für die Gmundner Opfer des NS-Regimes

0

Gemeinderat beauftragt Wettbewerbssieger

Nach einem gela­de­nen Wett­be­werb mit vier Ein­rei­chun­gen steht fest, wie das im Jahr 2020 beschlos­se­ne neue Mahn­mal für die Gmund­ner Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus aus­schau­en wird. Der Gemein­de­rat hat soeben die Beauf­tra­gung des Wett­be­werbs­sie­gers beschlos­sen. Es ist der Gmund­ner Archi­tekt und HTL-Leh­rer DI Kurt Ellmauer.

v. l. n. r.: Ste­fan Krapf, Wolf­gang Qua­tem­ber, Eli­sa­beth Fied­ler, Gre­gor Holz­in­ger, Han­nah Les­sing und Andre­as Hecht

Die pro­mi­nent besetz­te Jury hat­te sich Mit­te Febru­ar ein­stim­mig für Ell­mau­ers auf der Ufer­mau­er des Her­mann-Kais mon­tier­tes Schrift­band aus Bron­ze­blech mit den Namen der zu Tode Gekom­me­nen ent­schie­den und dabei die kla­re, schlich­te und hoch poe­tisch Wir­kung die­ser Arbeit betont. Hier der Spruch der Jury:

An Kurt Ell­mau­ers Arbeit über­zeugt ihre Klar­heit, Schlicht­heit und Unauf­dring­lich­keit. Im aktu­el­len inter­na­tio­na­len Kunst-Kon­text ist die­sen Qua­li­tä­ten gegen­über einer monu­men­ta­len, skulp­tu­ra­len Lösung, die auf Wucht oder gar die Abbil­dung geschun­de­ner Kör­per setzt, der Vor­zug zu geben.

Foto: Stadt­ge­mein­de Gmunden

Ell­mau­ers Mahn­mal für alle Gmund­ner Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus kor­re­spon­diert auf idea­le Wei­se mit der Umge­bung. Alle Auf­merk­sam­keit gehört den Namen der Ermor­de­ten, die über der Ufer-Brüs­tung in der Nach­mit­tags­son­ne auf­leuch­ten. Die­se Men­schen blei­ben für die Nach­welt prä­sent, und doch ver­flüch­ti­gen sich ihr Leben und Lei­den ange­sichts der oben abge­fräs­ten Buch­sta­ben im Glit­zern der Traunsee-Wellen.

Die­se ein­dring­li­che poe­ti­sche Wir­kung bedarf kei­ner lan­gen Erläu­te­rung. Sie ent­fal­tet sich für nahe­zu alle Ein­hei­mi­schen und Gäs­te, die die Espla­na­de, die attrak­tivs­te und am häu­figs­ten fre­quen­tier­te Mei­le Gmun­dens, ent­lang spazieren.”

Mit­glie­der der Jury:

Mag.a  Han­nah Les­sing — Gene­ral­se­kre­tä­rin des Natio­nal­fonds der Repu­blik Öster­reich, Wien
Dr.in Eli­sa­beth Fied­ler — Chef­ku­ra­to­rin und Lei­te­rin des Insti­tu­tes für Kunst im öffent­li­chen Raum, Muse­um Ioan­ne­um, Graz
Dr. Gre­gor Holz­in­ger, Lei­ter der For­schungs­stel­le des Maut­hau­sen Memo­ri­al (gebür­ti­ger Gmundner)
Dr. Wolf­gang Qua­tem­ber, Lei­ter des Zeit­ge­schich­te­mu­se­ums und der KZ-Gedenk­stät­te Ebensee
Dr. Andre­as Hecht, Gmund­ner Kulturreferent

v. l. n. r.: Holz­in­ger, Fied­ler, Qua­tem­ber, Hecht, Lessing

Motiv, Ent­ste­hungs­ge­schich­te

Gmun­dens Erin­ne­rungs­kul­tur (Krie­ger­denk­mal am See­bahn­hof, Sta­lin­grad-Denk­mal am Hoch­ko­gel, Sol­da­ten­fried­hofs-Are­al) war Jahr­zehn­te unaus­ge­wo­gen: Sie rich­te­te sich auf gefal­le­ne Sol­da­ten und eine Hand­voll poli­ti­sche Opfer, deren Namen ein Gedenk­stein am Stadt­fried­hof trägt. Alle ande­ren waren bis­lang nir­gend­wo im öffent­li­chen Raum präsent.

Die Schrift auf der Ufer­mau­er nennt nun aber von Mag. Hol­ger Höll­werth recher­chier­te 65 Gmund­ne­rin­nen und Gmund­ner, die aus poli­ti­schen oder ras­sis­ti­schen Grün­den ermor­det wur­den oder anders zu Tode kamen, vie­le aus der gänz­lich aus­ge­lösch­ten gro­ßen jüdi­schen Gemein­de Gmun­dens, Men­schen mit Behin­de­run­gen, die der soge­nann­ten Ras­sen­hy­gie­ne zum Opfer fie­len, und Men­schen, die wegen ihrer reli­giö­sen oder sexu­el­len Ori­en­tie­rung ver­folgt wurden.

Gene­ral a. D. Huber­tus Traut­ten­berg (einst Adju­dant von Bun­des­prä­si­dent Tho­mas Kle­stil und muti­ger Befür­wor­ter der „Wehr­machts­aus­stel­lung“) und Mag. Hol­ger Höll­werth (Co-Autor des zeit­ge­schicht­li­chen Stan­dard­wer­kes „Gmun­den 1918 – 1945, eine Stadt in stür­mi­schen Zei­ten“ und Autor einer dem­nächst erschei­nen­den Geschich­te der Juden in Gmun­den) reg­ten an, dass es der Stadt gut anstün­de, end­lich aller Opfer zu geden­ken und fan­den sofort Gehör. Im Dezem­ber 2020 fass­te der Gemein­de­rat mit gro­ßer Mehr­heit den Beschluss zur Errich­tung eines zeit­ge­mä­ßen Mahnmals.

Neu­er, bes­se­rer Standort

Das Mahn­mal soll­te ursprüng­lich vor dem Haupt­ein­gang des Stadt­fried­ho­fes errich­tet wer­den, doch auf Geheiß des neu­en Kul­tur­aus­schus­ses unter sei­nem Obmann Dr. Andre­as Hecht wur­de der Stand­ort noch wäh­rend der Aus­schrei­bungs­zeit auf die Espla­na­de ver­legt. Das Mahn­mal und sein State­ment sol­len auf der attrak­tivs­ten und auch von Tou­ris­ten am meis­ten fre­quen­tier­ten Mei­le der Stadt die größt­mög­li­che Auf­merk­sam­keit bekom­men. Auch Jury­mit­glie­der und alle Ein­rei­chen­den ver­tra­ten die­se Meinung.

Das Mahn­mal wird in die­sem Som­mer errich­tet wer­den. QR-Codes wer­den inter­es­sier­te Betrach­ter zu den im Web hin­ter­leg­ten Lebens­ge­schich­ten der Opfer füh­ren. Die geschätz­ten Pro­jekt­kos­ten lie­gen bei rund 57.000 Euro. Der Natio­nal­fonds für die Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus hat eine maß­geb­li­che För­de­rung zugesagt.

State­ment von Kul­tur­aus­schuss­ob­mann Dr. Andre­as Hecht

,Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber ver­ant­wort­lich dafür, dass es nicht mehr geschieht!‘ Mit die­sem Zitat von Max Mann­hei­mer* als Argu­ment haben wir 2020 im Gemein­de­rat den Beschluss zur Errich­tung eines NS- Opfer-Mahn­mals gefasst. Die­se besag­te Ver­ant­wor­tung neh­men wir als eine der ers­ten Städ­te an, denn wir wol­len das, durch ein­stim­mi­gen Jury­ent­scheid aus­ge­wähl­te Sie­ger­pro­jekt jetzt rasch umset­zen. Für mich ist das nicht nur ein poli­ti­scher Auf­trag, son­dern eine Herzensangelegenheit.

Was die Stand­ort­fra­ge betrifft, so bin ich der Mei­nung, dass ein Denk­mal nur dann auch ein gutes Mahn­mal ist, wenn es unmit­tel­bar wahr­ge­nom­men wird und damit auch ein wenig unbe­quem ist. Eine Posi­tio­nie­rung an einer so schö­nen und stark fre­quen­tier­ten Stel­le wie der Espla­na­de ist für mich daher nur folgerichtig.“

*(1920–2016, Holo­caust-Über­le­ben­der und Schriftsteller)

Infos & Fotos: Stadt­ge­mein­de Gmunden

Teilen.

Comments are closed.