Von einem Wilderer, der Jäger wurde — und dann doch wieder Wilderer
Paul „Jaeg“ Gamsjäger, Gosauer Multitalent in Musik, bildender Kunst und Literatur, liebt die Überschreitung von Grenzen. Er betätigt sich in schräger Volksmusik, avantgardistischer Malerei und experimenteller Literatur ebenso wie im Aufarbeiten und Darbieten von Urwüchsigem aus seiner engsten Umgebung. Ein Buch über seinen Vater überwindet auch Schranken: Die von Wilderei und Jägerei. Kürzlich stellte er den Band in Gmunden vor.
Gamsjägers Vater Sepp lebte von 1912 bis 1999 in Gosau und schrieb — für einen Holzknecht wohl eher unüblich — Erlebnisse und Mundartausdrücke auf. Dieser in den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts entstandene Fundus bildete schon den Grundstock für Paul Jaegs „Dialektwörterbuch Salzkammergut, 5000 Wörter mit Erklärungen“, ist aber so umfangreich, dass Paul Jaeg daraus ein weiteres Buch formen konnte: Sepp Gamsjägers persönliche Erfahrungen, Ereignisse und Episoden aus einem Interesse weckenden Leben im inneren Salzkammergut.
Sepp wuchs in einer Zeit auf, als es in Gosau noch 60 Holz-knechte gab. In eine Holzknechtfamilie geboren war auch sein Lebensweg vorgezeichnet. Schon als junger Bub ging er in den Wald, ab und zu schwarzfischen, und auch wildern. Als der „Forst“ später einen Revierjäger suchte, bewarb sich Sepp – trotz Wilderervergangenheit. Und er wurde prompt genommen, denn es hieß: „Nehmen wir den Sepp, der kann das Handwerk schon.“ In der Pension wechselte Sepp Gamsjäger abermals die Front und wurde wieder Wilderer. Denn den in der Rente gewünschten „jährlichen Rehbock“ versagte ihm sein ehemaliger Dienstgeber.
Das reich bebilderte Buch erzählt in Kurzgeschichten vom ärmlichen Leben der „kleinen Leute“, von Jugendstreichen auf dem Land, vom gar nicht so romantischen Almleben, vom Leben als illegaler Nazi, von der Zeit der Arbeitslosigkeit in den 30er-Jahren, vom Krieg an der Front und vom Beruf des Jägers nach dem Krieg.
Foto: Wolfgang Spitzbart