“In Kolumbien, einem Land, das nur wenige friedvolle Phasen erlebte, ist Gewalt zu einem Alltagsphänomen geworden, zu einem verfügbaren Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen. Der seit fünf Jahrzehnten andauernde bewaffnete Konflikt hat ein komplexes Netz von Gewaltakteuren, die z.T. eng miteinander verwoben sind, hervorgebracht: Neben den staatlichen Sicherheitskräften, den Guerillaverbänden und den paramilitärischen Einheiten entstanden private Sicherheitstrupps sowie Drogenkartelle mit ihrem bewaffneten Umfeld. Menschenrechtsverteidiger_innen und ländliche Gemeinden wurden und werden bedroht, schikaniert, vertrieben und ermordet. Mit 78 Morden an Menschenrechtsverteidiger_innen war das Jahr 2013 das tödlichste für den Frieden und die Gerechtigkeit während der letzten Dekade. Insbesondere betroffen waren Menschen, die sich für die Rückgabe von gestohlenem Land einsetzten. Kolumbien hat 5,7 Mio. intern Vertriebene (rund 11 % der Bevölkerung), das ist eine der höchsten Zahlen weltweit. Die Straflosigkeit für Menschenrechtsverbrechen beträgt über 90 %.” Internationaler Versöhnungsbund im Projektbericht zu Kolumbien.
Das ist der Hintergrund in welcher eine Gemeinschaft von kolumbianischen Kleinbauern, nach mehreren Vertreibungen von ihrem Land, 1997 eine neutrale Friedensgemeinde, die “Comunidad de Paz de San José de Apartadó” gründeten. Der Internationale Versöhnungsbund begleitet die Friedensgemeinde, auf deren Wunsch, bereits seit 2001. Marion Hiptmair, derzeit wohnhaft in Gmunden, ging 2009 als erste Österreicherin mit dem Versöhnungsbund nach Kolumbien und lebte ein Jahr in der Friedensgemeinde San José de Apartadó.
Warum haben Sie sich entschieden mit dem Internationen Versöhnungsbund nach Kolumbien zu gehen?
Ich habe bereits 2006 durch ein Praktikum in Kolumbien, dieses vielfältige Land kennen und lieben gelernt. Die warmherzigen Menschen, die bunten Früchte und die unterschiedlichen Klimazonen haben mich verzaubert. Kolumbien ist jedoch ein Land voller Kontraste, denn auf der anderen Seite steht der nun bereits seit mehreren Jahrzehnten andauerndem Konflikt, die hohe Anzahl an Binnenvertriebenen und das soziale Ungleichgewicht, welches in Kolumbien eines der größten weltweit ist. Die Möglichkeit solch eine Initiative wie die Friedensgemeinde zu unterstützen hat mich gereizt.
Was heißt es als “Internationale Menschenrechtsbeobachterin” tätig zu sein, was waren deine Aufgaben?
Die Friedensgemeinde hat seit ihrer Gründung 1997 mehr als 900 Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen an Mitgliedern erlebt. Seit der Präsenz von internationalen Organisationen sind diese Zahlen gravierend gesunken.
Als Menschenrechtsbeobachter_innen beim Versöhnungsbund, mischen wir uns nicht in die internen Prozesse der lokalen Organisation ein, wir ermöglichen ihnen jedoch durch unsere Anwesenheit und unsere regelmäßigen Besprechungen und dem Aufzeigen von Missständen gegenüber Botschaften und dem Militär, ihre Ideen und Initiativen durchzusetzen bzw. leben zu können. Weiters organisieren wir Delegationsreisen nach Kolumbien.
Warum geht es bei eurer Veranstaltung am 19.11. im Kolpinghaus in Gmunden?
Arley Tuberquia, das jüngste Mitglied des internen Rates der Friedensgemeinde kommt nach Gmunden. Er ist verantwortlich für das alternative Bildungssystem und die Medienarbeit in der Friedensgemeinde, außerdem arbeitet er auch bei der Kontrolle des FairTrade Kakao-Anbaus und Verarbeitung mit. Arley wird uns über die Situation vor Ort berichten. Auch werden wir einen Film von Dominique Doujenis einer freischaffenden Künstlerin, welche mit dem Versöhnungsbund eine Delegationsreise in die Friedensgemeinde gemacht hat, sehen. Ziel der Veranstaltung ist es zu informieren und Geld für die Weiterführung des Begleitprojektes des Versöhnungsbundes in Kolumbien zu sammeln.