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Neuer Abwasserkanal im Traunsee versenkt

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In den ver­gan­ge­nen Mona­ten fan­den am Traun­see die Arbei­ten zur Erneue­rung der See­druck­lei­tung statt. Dabei han­delt es sich um die Abwas­ser­lei­tun­gen der Gemein­den Traun­kir­chen und Alt­müns­ter. Heu­te wur­de die See­druck­lei­tung end­gül­tig versenkt.

See­druck­lei­tung mit den Gewich­ten (Quel­le AGRU Kunst­stoff­tech­nik GmbH )

Die Bau­stel­le war nur mit dem Schiff erreich­bar, die Bau­ar­bei­ten erfolg­ten am und unter Was­ser. Die neu­en Lei­tun­gen samt Über­wa­chungs­sys­tem sol­len auch in Zukunft die Abwas­ser­ent­sor­gung der Gemein­den Alt­müns­ter und Traun­kir­chen gewähr­leis­ten. Die­ses äußerst anspruchs­vol­le Bau­vor­ha­ben wur­de von der Gemein­de Alt­müns­ter in Zusam­men­ar­beit mit vor­wie­gend ober­ös­ter­rei­chi­schen Fir­men umge­setzt – eine tech­ni­sche Meis­ter­leis­tung „Made in Upper Austria“.

Wir sind stolz auf die gute Was­ser­qua­li­tät unse­rer Seen. Das soll ins­be­son­de­re am Traun­see auch so blei­ben. Daher wur­de eine bei­na­he 50 Jah­re alte Abwas­ser­lei­tung auf dem Grund des Traun­sees durch eine moder­ne See­druck­lei­tung ersetzt“, so Lan­des­rat Elmar Podgorschek.

Die Rohr­kü­net­te wird im See­bo­den aus­ge­gra­ben. (Quel­le AGRU Kunst­stoff­tech­nik GmbH)

47 Jah­re alte Kanal­lei­tung im Traunsee
Die Gemein­de Traun­kir­chen und die Markt­ge­mein­de Alt­müns­ter zäh­len 17.000 Ein­woh­ner. Rund 1.500 m³ Abwas­ser aus Traun­kir­chen und Alt­müns­ter wer­den täg­lich über eine gemein­sa­me See­druck­lei­tung im Traun­see zur Klär­an­la­ge des Rein­hal­te­ver­ban­des Traun­see Nord nach Gmun­den geleitet.

Bereits bei der Errich­tung im Jahr 1970 wur­den zwei Abwas­ser­lei­tun­gen auf einer Län­ge von 2,3 km neben­ein­an­der im See ver­legt, um bei einem Gebre­chen zumin­dest mit einer Lei­tung den Betrieb auf­recht­erhal­ten zu kön­nen. In den ers­ten paar hun­dert Metern der bestehen­den Lei­tun­gen aus Poly­ethy­len (PE) wur­de mehr­mals täg­lich star­ker Pum­pen­druck auf­ge­baut, um die kilo­me­ter­lan­ge Was­ser­säu­le in Bewe­gung zu set­zen. So wur­de gera­de der Lei­tungs­be­ginn in den ver­gan­gen Jahr­zehn­ten am höchs­ten bean­sprucht. Hin­zu kam, dass zum Instal­la­ti­ons­zeit­punkt im Jah­re 1970 die PE-Schweiß­tech­nik noch in den Kin­der­schu­hen steck­te, wenig sta­bi­le Schweiß­wüls­te waren die Fol­ge. In den letz­ten Jah­ren ver­mehr­ten sich daher Lecka­gen an den Schweiß­näh­ten, die unter Was­ser nur mit Rohr­bruch­schel­len von Tau­chern beho­ben wer­den konn­ten. Die Erneue­rung der 3.215 m lan­gen See­druck­lei­tung war unum­gäng­lich. Denn auch für die kom­men­den Genera­tio­nen soll kei­ne Beein­träch­ti­gung der Was­ser­qua­li­tät des Traun­sees durch Rohr­brü­che und Lecka­gen stattfinden.

Rohr­schwei­ßung (Quel­le Markt­ge­mein­de Alt­müns­ter, Josef Leidinger)

Die neue Seedruckleitung
Der neue Kanal durch den Traun­see besteht aus zwei par­al­lel ver­leg­ten Rohr­lei­tun­gen mit einem Durch­mes­ser von 355 mm, die in zwei Bau­pha­sen instal­liert wur­den. 2015/2016 star­te­te die ers­te Bau­pha­se im öst­li­chen See­ab­schnitt. Nach­dem die bei­den Abwas­ser­lei­tun­gen aus 12 m lan­gen Schutz­man­tel­roh­ren vor Ort am Ufer zu zwei 800 Meter lan­gen See­druck­lei­tun­gen ver­schweißt wur­den, lager­ten sie bis zur Instal­la­ti­on ent­lang des Ufers am Wasser.

Schwim­men­de See­druck­lei­tung vor dem Traun­stein (Quel­le AGRU Kunst­stoff­tech­nik GmbH)

Nun steht die zwei­te Bau­pha­se mit der Instal­la­ti­on rund um die Tos­ca­na-Halb­in­sel an. Wäh­rend die alte Abwas­ser­lei­tung in die­sem Bereich an Land geführt war, wird die neue, ca. 2,4 km lan­ge See­druck­lei­tung mit­tels Beton­ge­wich­ten auf dem See­grund plat­ziert. Auch hier wur­den die Schutz­man­tel­roh­re vor Ort am Ufer stumpf­ge­schweißt und an der Was­ser­ober­flä­che des Traun­sees zwischengeparkt.

Anfang April 2018 wur­den die Lei­tun­gen dann in die vor­ge­se­he­ne Tras­se “ein­ge­schwom­men” und mit Beton­ele­men­ten, die alle drei Meter wie eine Klam­mer rund um die Lei­tung gelegt sind, beschwert. Nach dem Befül­len der Lei­tun­gen mit See­was­ser wer­den die neu­en Abwas­ser­ka­nä­le vor den Augen der gela­de­nen Gäs­te am 11. April in einer S‑förmigen Kur­ve vor­sich­tig bis in 20 m Tie­fe auf den See­grund abgesenkt.

Für die neue See­druck­lei­tung wur­de äußerst wider­stands­fä­hi­ges und riss­be­stän­di­ges Rohr­ma­te­ri­al mit Schutz­man­tel aus­ge­wählt. Zusätz­lich soll die moder­ne com­pu­ter­ge­steu­er­te Schweiß­tech­nik eine Nut­zungs­dau­er der Lei­tun­gen bis zu 100 Jah­ren mit hoher Betriebs­si­cher­heit gewährleisten.

Künet­te vom Land bis 50 m in den See (Quel­le Markt­ge­mein­de Alt­müns­ter, Josef Leidinger)

Her­aus­for­de­rung: Baustelle
Nicht all­täg­lich war der Arbeits­platz der Bau­ar­bei­ter: eine Bau­stel­le, die nur per Schiff erreich­bar war. Die Arbei­ten erfolg­ten am und unter Was­ser. Aber auch nicht all­täg­li­che Bau­ar­bei­ter waren hier anzu­tref­fen: Spe­zi­ell aus­ge­bil­de­te Tau­cher über­nah­men die Arbei­ten unter Wasser!

Rohr­tren­nung mit Ket­ten­sä­ge unter Was­ser (Quel­le Markt­ge­mein­de Alt­müns­ter, Josef Leidinger)

Drei­di­men­sio­na­le Seevermessung
Um ein genau­es Höhen­pro­fil der Unter­was­ser­land­schaft zu erhal­ten, wur­de der See­bo­den im rele­van­ten Bereich drei­di­men­sio­nal ver­mes­sen. Dabei zeig­te sich, dass der Ost­hang der Tos­ca­na-Halb­in­sel unter Was­ser bei­na­he senk­recht in die Tie­fe fällt. In die­sem Steil­hang ist die Dop­pel­lei­tung vor dem Abrut­schen in gro­ße Tie­fen zu bewah­ren. Daher müs­sen erfah­re­ne Tau­cher die See­druck­lei­tung im Hang dau­er­haft verankern.

Rohr­bruch­über­wa­chung durch per­ma­nen­te Men­gen­mes­sun­gen (Quel­le ZT-Büro DI Micha­el Put­re, Seekirchen)

Her­aus­for­de­rung: Faulgas
Die Ent­ste­hung von Faul­ga­sen in Abwas­ser­lei­tun­gen ist unver­meid­bar. Gase bzw. Luft­pols­ter in der Lei­tung wür­den den Auf­trieb einer unter Was­ser ver­leg­ten Lei­tung begüns­ti­gen. Daher muss eine moder­ne See­druck­lei­tung in einer gleich­mä­ßi­gen Stei­gung ver­legt und spe­zi­el­le Be- und Ent­lüf­tungs­ven­ti­le müs­sen zum Ent­wei­chen der Gase ein­ge­baut wer­den. In die­sem Fall war dazu eine prä­zi­se hori­zon­ta­le Spül­boh­rung mit­tels gelenk­ten Bohr­kopfs im Bereich des See­aus­flus­ses erfor­der­lich. Eine gro­ße Her­aus­for­de­rung war neben der bogen­för­mi­gen Bohr­kur­ve die Ver­an­ke­rung und Abspan­nung eines auf der Was­ser­ober­flä­che schwim­men­den Pon­tons. Auf die­ser Platt­form befand sich das Spül­bohr­ge­rät. Der Pon­ton muss­te einer Zug­kraft von 40 Ton­nen Stand hal­ten und war ent­spre­chend auf­wän­dig mit­tels Sei­len von den Brü­cken­pfei­lern und vom Ufer aus gesi­chert. Nach Abschluss der Spül­bohr­ar­bei­ten wur­de die Kanal­lei­tung mit meh­re­ren Ton­nen Zug­kraft in den unter Was­ser gebohr­ten Tun­nel ein­ge­zo­gen. Die Rohr­lei­tung wird bei einem sol­chen Kraft­akt natür­lich stark bean­sprucht, span­nungs­riss­be­stän­di­ge Schutz­man­tel­roh­re kamen hier zum Einsatz.

Auto­ma­ti­sche Alar­mie­rung bei Leckage
Mit der Erneue­rung der See­druck­lei­tun­gen wur­de auch an der Aus­mün­dungs­stel­le ein Mess- und Kon­troll­schacht errich­tet. Die kom­plet­te Abwas­ser­lei­tung wird mit­tels IDM (induk­ti­ve Durch­fluss­mes­sung) auf Rohr­brü­che bzw. Lecka­gen über­wacht: zulau­fen­de und ankom­men­de Was­ser­men­gen am Beginn sowie am Ende der See­druck­lei­tun­gen wer­den per­ma­nent gemes­sen und ver­gli­chen. Bei Nicht­über­ein­stim­mung erfolgt auto­ma­tisch eine Alar­mie­rung in der Zen­tra­le der See­lei­tungs­be­trei­ber. Dies stellt einen beson­de­ren Bei­trag für die erfor­der­li­che Betriebs­si­cher­heit sowie für einen effek­ti­ven Gewäs­ser­schutz im Traun­see dar!
Projektdaten

Knapp 6.500 Meter Rohr­lei­tun­gen verlegt
Ins­ge­samt wur­den in den ver­gan­ge­nen knapp zwei­ein­halb Jah­ren Bau­zeit 6.430 Lauf­me­ter Rohr­lei­tun­gen ver­legt. Die Gesamt­in­ves­ti­ti­ons­kos­ten betru­gen rund 2,2 Mio. Euro, davon 12 % Bun­des­för­de­rung und 12 % Landesförderung.

Abwas­ser­ent­sor­gung in Oberösterreich
Durch Mil­li­ar­den­in­ves­ti­tio­nen in den letz­ten Jahr­zehn­ten (44 Mrd. Euro seit 1959) konn­te eine flä­chen­de­cken­de Infra­struk­tur zur Samm­lung und Rei­ni­gung unse­rer Abwäs­ser geschaf­fen wer­den. Es ist für uns heu­te selbst­ver­ständ­lich, in hygie­ni­schen Ver­hält­nis­sen in einer sau­be­ren Umwelt zu leben. Kaum jeman­dem fällt der Kanal­de­ckel in der Stra­ße auf — außer er wackelt. Die kilo­me­ter­lan­gen Lei­tun­gen (17.200 km in Ober­ös­ter­reich = Ent­fer­nung von Linz nach New York und retour) unter den Stra­ßen blei­ben unbe­ach­tet, außer es stinkt. Aber könn­ten wir uns heu­te vor­stel­len, ohne Kanä­le zu leben, weil es z. B. finan­zi­ell nicht mehr mög­lich wäre, die­se zu sanieren?
„Es ist eine Her­aus­for­de­rung für die Zukunft, die bestehen­den Abwas­ser­an­la­gen in ord­nungs­ge­mä­ßem und funk­ti­ons­fä­hi­gem Zustand zu erhal­ten, dar­über hin­aus in ihrem Wert zu erhal­ten. Denn Sanie­run­gen sind mit hohen Kos­ten ver­bun­den, die in einem Gemein­de­bud­get neben ande­ren Inves­ti­tio­nen erst unter­ge­bracht wer­den müs­sen. Es ist wich­tig, auf die vor­han­de­ne Infra­struk­tur zu ach­ten, von jedem ein­zel­nen, “ so Was­ser-Lan­des­rat Elmar Podgorschek.

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