Samstagabends thematisierte das Wiener Quartett „Kreisky“ bei der Präsentation ihres 4. Tonträgers „Blick auf die ‚Alpen“ im Ebenseer Kino mit gewohnt brachialem Getöse und mit ungeheurer Intensität den Gegenwartschmerz des Landes in der gewohnten an Antonin Artauds Theater der Grausamkeiten angelehnten Form, in der eine Wirklichkeit für sich entsteht, gewohnt aufpeitschend, dem Publikum unangenehme Wahrheiten ins Gesicht schreiend mit wütendem Protest – aggressiv, ruppig und unversöhnlich.
Mit hartem und gnadenlos prügelndem Schlagzeug, lärmend-kreisender Gitarre, treibendem Bass und ständig die Gefühllagen in eine orkanartige Aufwallung versetzenden Stimme, die ständig auf die unangenehmen Druckpunkte der Gegenwartsgesellschaft hämmerte, trieb das zwischen sperrigem Avantgarde-Rock und nach Erlösung sich sehendem Beat angesiedelte Quartett das Publikum mit zerstreuten-fragmentarischen und gegen Zivilisation und Kultur rebellieren Texten und einer feurig-stakkato haften Performance in schaurige innere Schmerzlagen bis hin zur Taubheit und inneren Ausgehöhltheit.
Mit Blick auf die selbstredend lebenswertere Vergangenheit öffneten die Wiener den geradlinig zersetzenden Kritikhagel aus Intellekt, Rockmusik und Wiener Schmäh, attackierten die arbeitsmarktpolitische Malaise des Kreativbohème-Prekariats, für welches Vollbeschäftigung ein Fremdwort aus längst versunkenen Zeiten ist und das ständig vom gesellschaftlichen Abstieg bedroht ist, verteufelten die Oberflächlichkeit der abgestumpften Konsumgesellschaft sowie die Auswüchse der industriell geprägten Lebensart mit grausamer Schärfe und erbarmungsloser Schlagwortdichte, die Unverdauliches aus unbewussten Tiefen oder aus dem Hinterstübchen des Bewusstseins zu Tage schöpfte, was wir nicht akzeptieren und wahrhaben bereit sind, aber wissen. Und schon gar nicht lösen wollen.
Die als Unterhaltung gedachte schonungslose Anprangerung österreichischer und gesamtgesellschaftlicher Missstände, garniert mit Witz und freud‘schen Interpretationsmustern klang mit einem Erschöpfungszustand der Zuschauer aus, deren verwirrtes und angeschlagenes Gemüt erst nach einer kleinen Erholungsphase nach dem Radikalangriff auf die österreichische Befindlichkeit mit Energie sich wiederfüllte.
Text: Bernhard Feichtinger