Offener Brief an Bürgermeister Heinz Köppl
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Köppl,
vor ziemlich genau einem Monat hatte ich eine ‚Audienz‘ bei Ihnen — bei dieser Gelegenheit berichtete ich Ihnen über die unhaltbaren Zustände des Nachts in der Innenstadt von Gmunden: Betrunkene, grölende Jugendliche, die die Nachtruhe für die Innenstadtbewohner unmöglich machen, Alkoholexzesse in den diversen Lokalen, nicht eingehaltene Sperrstunden und die Abwesenheit der sogenannten ‚Stadtpolizei‘ oder des Sicherheitsdienstes. Diese Unterredung gipfelte in Ihrem Ratschlag: „Dann wärn‘s halt in Wien geblieben und ziagn‘s net nach Gmunden!“ (Diese Aussage ist eigentlich ein Armutszeugnis für einen Bürgermeister)
Letzte Woche erhielt ich von Ihnen einen freundlichen Brief, in dem Sie mich als Bürger der Stadt begrüßen, mir das Verbringen recht vieler glücklicher Jahre in dieser schönen Stadt wünschen und Ihre Bürgernähe betonen. Ebenso Ihre Bereitschaft, selbstverständlich gerne persönlich für Anliegen zur Verfügung zu stehen. Ich habe versucht, dieses Schreiben nicht als Verhöhnung meiner Intelligenz oder Beleidigung aufzufassen, sondern als schlichte, bürokratische Gedankenlosigkeit. Allerdings erlaube ich mir, Sie beim Wort zu nehmen und Ihnen zu schreiben.
Seit einem Monat rufe ich jede Nacht von Freitag auf Samstag und Sonntag — meistens zwischen 1.00 und 4.00 Uhr früh die Polizei, um eine Anzeige wegen Ruhestörung oder anderen, eher unappetitlichen Dingen, zu machen. Denn schlafen kann ich aufgrund des Lärmes nicht. So auch letztes Wochenende am Sonntag um 2.30 und 3.45 Uhr. Bei meinem zweiten Anruf bei der Nummer 133 und der Frage, warum denn keine Streife käme um die Betrunkenen — die grölend vor dem ‚Blauen Affen‘ in der Kirchengasse auf der Straße lagen, denn stehen konnten sie nicht mehr — zur Vernunft zu bringen, antwortete mir der Beamte: „Die Streife ist durchgefahren, es war keine auffällige Ruhestörung zu bemerken, das ist der normale Lokalwechsel vom ‚Brandl‘ zum ‚Blauen Affen‘. Und außerdem: Wir haben noch etwas anderes zu tun, wenden Sie sich an den Bürgermeister, der ist Ihr Ansprechpartner.“ Dazu kommt mir spontan ein Ausspruch in den Sinn: ‚Ein Hund beißt nie die Hand, die ihn füttert.‘
Das war jedenfalls die zweite Person, der mich aufforderte, mich an Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister, zu wenden. Nun das tue ich hiemit und schlage vor, den Bummerlzug der Esplanade in diesen Nächten als Transportmittel vom ‚Blauen Affen‘ zum ‚Brandl‘ für die Besoffenen zur Verfügung zu stellen. Vielleicht fällt es denen dann leichter, sich wirklich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken.
Damit würden Sie auch einen weiteren Schritt zur Unterstützung des Alkoholkonsums (Alkohol ist eine Droge) in Gmunden tätigen. Auch schlage ich vor, die ohnehin sinnlosen Sperrstunden (4.00 Uhr) abzuschaffen, denn das würde mir eine wichtige, fast quälende Frage beantworten: Woher kommen um 6.00 Uhr früh Horden von lautstark schreienden Lärmerregern in der Innenstadt? (Wo doch um 4.00 Uhr Sperrstunde ist?) Aber wahrscheinlich sind die Angetrunkenen — es gilt die Unschuldsvermutung — zwischen 4 und 6 Uhr früh bei 3 Grad auf einer Parkbank auf der Esplanade gesessen und haben diskutiert oder Händchen gehalten.
Dieser, mein (nicht unbedingt ernst gemeinter) Vorschlag enthebt Sie aber nicht Ihrer Verantwortung als Bürgermeister von Gmunden. Möglicherweise ist es Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen, dass wir nicht mehr in den Zeiten des Sonnenkönigs Ludwig XIV leben. Der Leitsatz des damals herrschenden Absolutismus — L‘État, c‘est moi! – Der Staat bin ich! — lässt sich heute, in Ihrer Position nicht mehr so ganz realisieren.
Diese Stadt gehört nicht Ihnen! Die Stadt gehört immer noch den Bürgern und Bewohnern. Sie haben die Verpflichtung, die Interessen der Bürger wahrzunehmen. Sie haben als Politiker den Bürgern zu dienen. Ich fordere Sie auf, endlich Schritte für die Einhaltung einer angemessenen Nachtruhe in der Innenstadt von Gmunden zu setzen! Wenn Sie das nicht können, nicht wollen, oder vielleicht in einem Interessenskonflikt stehen und sich dazu nicht imstande sehen — dann ziehen Sie bitte die Konsequenzen daraus.
Peter Reischer,
Gmunden Journalist