Die FPÖ Gmunden sieht durch den Bau der Gmundner Stadtregiotram eine akute Gefahr für historische Bausubstanz wegen der Streckenführung durch die enge Theatergasse. SPÖ-Verkehrsreferent LH-Stv Reinhold Entholzer gibt nun Antwort auf einen „offenen Brief“ der FPÖ.
Sehr geehrter Herr Gemeinderat KR Colli!
Bezugnehmend auf Ihren offenen Brief vom 8. September 2014 gestatte ich mir auf die wesentlichen Argumente Ihrerseits einzugehen. Ich bin gerne bereit dies auch in offener Weise zu tun, da ich der grundsätzlichen Überzeugung bin, dass wir beim Projekt stadt.regio.tram Gmunden immer unter Wahrung aller demokratischen Prinzipien positive Entscheidungen getroffen haben.
Bereits in meinen Schreiben vom 4. Juni 2013, vom 16. Juni 2014 und vom 7. Juli 2014 bin ich auf Ihre Fragen eingegangen. Daher werde ich mich in manchen Bereichen kurz halten.
Rolle des Landes Oberösterreich:
Das Land Oberösterreich hat sich nach eingehender Prüfung des Projektes dazu entschlossen einen Fördervertrag mit Stadt Gmunden und Stern & Hafferl abzuschließen. Die Entscheidungen hierfür wurden in der Landesregierung und im Oö. Landtag demokratisch gefällt. Im Zuge des Entscheidungsprozesses wurden alle relevanten Fakten, Argumente und Kosten auf den Tisch gelegt und sind in den entsprechenden Beilagen online auf der Homepage des Landes Oberösterreich nachzulesen.
Kosten des Projekts:
Die Errichtungskosten in der Stadt betragen gedeckelt 30 Millionen Euro. Sie beinhalten die Brücke, alle Einbauten-Sanierungen (Kanal, Wasser, Gas) die Detailplanungskosten, die Gestaltung der Oberfläche, die Signalanlagen usw.
Die Kosten für die eingesetzten acht Straßenbahngarnituren die künftig zwischen Gmunden-Hauptbahnhof und Vorchdorf-Bahnhof verkehren betragen 24 Millionen und werden zumindest 25 Jahre im Einsatz sein. Netto nur für die Straßenbahn benötigt man übrigens lediglich 3 Garnituren. Als Mandatar des Gmundner Gemeinderates und als Obmann des Prüfungsausschusses haben Sie die Möglichkeit in alle Unterlagen inklusive Fördervertrag Einsicht zu nehmen. Insofern verwundert es mich persönlich, dass Sie nicht bereit sind die Fakten anzuerkennen und die genannten Zahlen zu akzeptieren. Ich fordere Sie daher an dieser Stelle auf, die korrekten Beträge zu nennen. Da Sie weiters noch die Kosten am Bahnhof Gmunden ansprechen – dafür werden wir seitens des Landes rd. 1 Mio. Euro für die neue Endhaltestelle der stadt.regio.tram aufwenden.
Und zuletzt wurden für den Erhalt der Traunseebahn in den letzten Jahren Gelder von Bund und Land eingesetzt. Diese mit dem Projekt zu vermengen halte ich aber für hochgradig unseriös, dennoch können auch diese Kosten auf der Homepage des Landes Oberösterreich nachgelesen werden. Der Beschluss wurde am 8. Juli 2 010 im Landtag einstimmig – also auch mit den Stimmen Ihrer freiheitlichen Kollegen – gefasst, und auch der Fördervertrag ist dort nachzulesen.
Potentiale der Straßenbahn:
Als wesentliche Grundlage für die Erhebung der Potentiale dienten die Zahlen des O ö. Verkehrsverbundes und der Verkehrserhebung 2001 des Landes Oberösterreich. In einer weiteren Verkehrserhebung 2012 wurde zwischenzeitlich erhoben, dass schon heute im Stadtgebiet von Gmunden 1.800 Binnenwege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. Davon ca. 800 Wege mit der Straßenbahn. Die aktuelle Verkehrserhebung plausibilisiert somit die Studiengrundlagen aus 2010.
Im Zuge einer mündlichen Anfrage in der Landtagssitzung am 15. Mai 2014 hat Ihr Parteikollege 3. Landtagspräsident DI Dr. Adalbert Cramer von mir persönlich die Langfassung der 2010 vom Wiener Planungsbüro Snizek & Partner durchgeführten
Potentialanalyse erhalten. Ich gehe davon aus, dass Sie mittlerweile diese Studie kennen.
Die Studie kommt zum Schluss, dass im Jahr 2025, nach Errichtung der Bahn, nach Veränderung des Buskonzeptes, nach Etablierung einer Verkehrsberuhigung in Gmunden, bei stabiler Siedlungsbautätigkeit, nach Schaffung von Park & Ride Plätzen und mit dem geplanten dichten Taktverkehr eine Verdoppelung der heutigen Fahrgastzahl auf rd. 1.000.000 Fahrgäste pro Jahr auf der Gesamtstrecke zwischen Gmunden und Vorchdorf möglich ist. Im Sinne des Transparenzgedankens habe ich übrigens seit 2012 die Zusammenfassung dieser Studie auf meiner Homepage www.reinhold-entholzer.at zum Download bereitgestellt.
Weder Sie noch ich können in die Zukunft sehen, aber die seriöse Arbeit renommierter Verkehrsexperten bin ich jedenfalls gewillt zu akzeptieren, vor allem in Kenntnis der Erfolge neuer Straßenbahnen und StadtRegioTram-Systeme in ganz Europa.
Systementscheidung stadt.regio.tram
Sie führen öffentlich an, dass sich die Experten des Landes Oberösterreich nicht mit alternativen Konzepten, wie zB Elektro-Bussen, auseinandergesetzt hätten. Selbstverständlich wurde mehrfach geprüft, ob auch mit Bussen, wobei für den Großteil der Argumente die Form des Antriebs unerheblich ist, ein attraktives Angebot machbar wäre.
Selbstverständlich könnte man in Gmunden auch mit Bussen den öffentlichen Verkehr bestreiten. Dann würde die Straßenbahn zuzusperren sein, weil kein Finanzier bereit wäre für einen Inselbetrieb neue Fahrzeuge zu beschaffen, eine Werkstätte und Remise zu errichten und für Reservekapazitäten Gelder zur Verfügung zu stellen. Man ließe die vorhandenen Schienensträge ungenutzt. Dann würden am Stadtplatz noch mehr Busse als heute das dadurch unerfreuliche Stadtbild prägen (egal ob elektrisch oder konventionell betrieben). Dann würden die oben genannten Potentiale nicht ausgeschöpft werden, weil Busse für die Fahrgäste viel unattraktiver sind. Man würde weiterhin den Großteil der Fahrgäste dazu zwingen immer wieder umzusteigen, was einen enormen Komfortverlust mit sich bringt.
Konkret zu den E‑Bussen ersuche ich Sie Ihre Recherchen nochmals durchzuführen. Es gibt bislang keine Beispiele wo ein gesamtes Citybus-Netz mit E‑Bussen (mit Akku) betrieben wird. In Wien sind derzeit 12 Fahrzeuge mit jeweils nur 13 Sitzplätzen im
Einsatz. Die Fahrzeuge benötigen pro Stunde 10 bis 15 Minuten Ladezeit. Nachzulesen auf der Homepage der Fa. Siemens (www.siemens.at).Es gibt noch keine Erfahrungen über die Lebensdauer der Akkus und es ist damit zu rechnen, dass nach 8 Jahren bereits alle Fahrzeuge neu beschafft werden müssten.
In Gmunden müssten auf den Citybuslinien und der jetzigen Straßenbahn bis zum Seebahnhof etwa 20 bis 24 solche Busse eingesetzt werden um die jetzigen Kapazitäten abzuschöpfen, die Ladezeiten abzudecken und inklusive Reservehaltung. Kostenpunkt rd. 9,6 Mio. Euro,zuzüglich Infrastrukturkosten (Ladestationen am Bahnhof, in der Stadt und an anderen Linienendpunkten). Über die Lebensdauer sind die Straßenbahngarnituren damit bereits günstiger.
Abschlussbemerkungen
Straßenbahnen sind in ganz Europa auf dem Vormarsch. In Gmunden werden wir den Beweis antreten, dass die stadt.regio.tram auch in einem regionalen Ballungsraum mit rd. 30.000 Einwohnern und täglich über 6.000 Einpendler/innen alleine in die Stadt Gmunden funktionieren wird. Seit 2. September 2014 wird an der Verlängerung gearbeitet und im Mai 2017 wird das Projekt fertig gestellt sein. Ich freue mich darauf Sie spätestens dann überzeugt zu haben.
Offener Brief an LH-Stv. Ing. Entholzer
Sehr geehrter Herr LH ‑Stv. Ing. Entholzer!
Alle meine Schreiben haben Sie nicht dazu bewegen können sich selbst ein objektives Bild der Situation in Gmunden zu machen. Alle Versuche Ihnen klar zu machen, dass sich da auch ein rechtliche und ein juristisches Problem verstecken könnte, haben Sie in den Wind geschlagen. Überlegen wir noch einmal gemeinsam.
Die Fahrgastzahlen, die als Basis für die Machbarkeitsstudie herangezogen wurden, sind erwiesener Maßen falsch. Wer auch immer sie zur Verfügung gestellt hat. Wenn also die Ausgangsdaten falsch sind, muss zwangsläufig auch das Endergebnis und die daraus gezogenen Schlüsse falsch sein. Und wenn man nun überlegt, dass der bisherige Betreiber auch der Planer ist, der Generalunternehmer der auch sämtlich Aufträge vergibt und auch in Zukunft wieder der Betreiber sein wird, dann dürfen einem schon einige Bedenken kommen ob da alles sauber und mit rechten Dingen zugegangen ist. Für mich ist es ein bisschen viel Stern & Hafferl, der sich auch noch mit den Freunden der Straßenbahn darüber freut, auch unter Mitwirkung einer Ihrer Leute, die Potentialanalyse „politikertauglich aufbereitet“ zu haben.
Prüfen wir auch die Glaubwürdigkeit und Richtigkeit der Potentialanalyse. Ein Auszug aus den Feststellungen des Rechnungshofes, der im Rahmen einer Gebarungsprüfung festgehalten hat, unter welchen Rahmenbedingungen die Systemvorteile der Bahn zum Tragen kommen.
„Die klaren Systemvorteile der Bahn, liegen in ihrer hohen Kapazität, also bei hohem Fahrgastaufkommen und bei der Verbindung von Ballungszentren und der Beförderung entlang von Hauptverkehrsachsen. Für die Erschließung von schwach besiedelten Räumen, d.h. bei geringem Fahrgastpotential ist der Bus der Bahn sowohl aus Kostengesichtspunkten aber auch bei umweltbezogener Betrachtung vorzuziehen“.
Meine Fragen sind nun: Wo sind bei der Traunseebahn die Massen??? (Noch dazu bei den falschen Fahrgastzahlen!) Das hohe Fahrgastaufkommen bei 2,600 EW in Gschwandt und 2,000 EW in Kirchham??? Wo das Ballungszentrum oder die Hauptverkehrsader??? Wo ein dichtbesiedeltes Gebiet???
Und weiter: Prüfen wir den Kostengesichtspunkt. Verkehrsstadtrat Sageder behauptet immer wieder, dass es keine geeignete Alternative gäbe, weil Elektrobusse unsere Steigungen nicht bewältigen könnten.
Leider auch falsch und unwahr.
Bei den Wiener Verkehrsbetrieben sind seit einem Jahr Elektrobusse im Einsatz die 160 km mit einer Aufladung fahren können. Ladezeit liegt zwischen 2 und 8 Minuten. Steigungen von 16% werden bewältigt. Kostenpunkt eines Busses rund 400,000 € und er benötigt keinerlei Infrastrukturmaßnahmen, die alleine rund 60 bis 70 Mio. betragen werden, wenn man alle Kosten dieses Projektes, von Anfang an, zusammenzählt. Sie Herr Landehauptmannstellvertreter weigern sich konsequent, die Gesamtsumme aller Aufwendungen für die beiden Bahnen, ab 2002, zu nennen. Die von Ihnen genannten 30 Millionen für Infrastrukturmaßnahmen sind halt nur die halbe Wahrheit, wie so oft bei Politiker. Sie müssen schon auch alle Planungskosten, die Förderungen und die mittelfristigen Investitionsprogramme ( 6,7 und 8), den Anschluss an die ÖBB und den Neubau des Bahnhof Engelhof. dazuzählen, und dann kommen Sie leicht auf das Doppelte. Eine Eisenbahngarnitur kostet rund 3 Millionen. Acht Garnituren sind geplant. Das sind weitere 24 Millionen. Für diesen Betrag könnte man 60 Elektrobusse kaufen.
Überlegen wir weiter. Busse können variabel eingesetzt werden und fahren dorthin, wo man gerade die Menschen hinbringen will. Zum Sportzentrum, im Winter zur Eishalle, im Sommer ins Strandbad, zum Krankenhaus, zu den Seniorenheimen usw. Da fallen mir noch viele Möglichkeiten ein!!
Ein weiterer Punkt ist noch völlig offen. Die Häuser entlang der Durchbindungsstrecke haben zum Teil keine Fundament oder keine ausreichenden. Wer übernimmt die Kosten für eine korrekte Beweissicherung? Wer bezahlt die dazu notwendigen Sachverständigen für Gutachten die sicherstellen, dass die Hausbesitzer bei allfälligen Schäden in der Bauzeit oder dann später auch beim Betrieb der Bahn, problemlos zu ihrem Recht kommen? Wie hoch sind die Versicherungen der beschäftigten Unternehmen um alle möglichen Schäden auch wirklich abzudecken? Ich weiß schon, dass das erst die zweite Bauetappe betrifft, aber 2015 kommt schneller als Mancher denkt.
Mit dem vielen Geld, könnte man viel sinnvollere Dinge für Gmunden und seine Bürger tun, als für 600 Meter Bahn, die niemand braucht und nur wenige nützen, bald 100 Millionen Euro (oder 1,4 Milliarden ÖS) auszugeben. Jede Alternative mit Elektrobussen würde nur einen Bruchteil kosten. Prüfen Sie noch einmal meine Argumente, sie sind ehrlich und richtig. Ich für meine Person werde an dem Projekt dran bleiben, schon im Interesse von Gmunden und seiner Bürger und letztlich auch der Steuerzahler. Sie wollen Menschen bewegen, ich möchte Sie zum Umdenken bewegen. Erwarte mit Interesse Ihre Antwort.
Hochachtungsvoll
Ihr Günther Colli. Freiheitlicher Gemeinderat in Gmunden.
FPÖ-Gmunden fordert Absicherung auf Kosten von Stern & Hafferl
Trotz des Widerstands der FPÖ-Gmunden und einer unabhängigen Bürgerinitiative ist das umstrittene Projekt StadtRegio-Tram / Durchbindung der Straßenbahn durch die Gmundner Altstadt anscheinend nicht aufzuhalten.
Am 02.09.2014 wird nun der Spatenstich für den ersten Bauabschnitt vom neuen Seebahnhof bis zum Klosterplatz gefeiert. Der zweite Bauabschnitt vom Franz Josephs Platz bis zur Traunbrücke soll 2015 folgen.
Die zweigleisige Streckenführung der Bahn durch die enge Theatergasse wirft jedoch besondere Probleme auf: Damit der Zugang zu den unter der Straße liegenden Leitungen jederzeit möglich ist, müssen diese alle außerhalb der Schienen neu verlegt werden. Die angrenzenden alten Häuser sind jedoch großteils gar nicht bzw. nicht ausreichend fundamentiert. Die Fassaden mussten teilweise in der Vergangenheit schon gestützt werden. Deshalb bedeuten die Grabungsarbeiten für die Verlegung der Leitungen in diesem engen Streckenabschnitt eine akute Gefahr für die historisch wertvolle Bausubstanz.
Wir, die FPÖ-Gmunden fordern daher den Planer, Generalunternehmer und Betreiber der StadtRegio-Tram, die Firma Stern & Hafferl auf: auf eigene Kosten für die entsprechende Beweissicherung durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen zu sorgen, Maßnahmen zur Sicherung der Fundamente zu vorzunehmen und im Falle, dass Schäden im Zuge der Bauarbeiten oder durch den Betrieb der Bahn auftreten, für die notwendige finanzielle Deckung der Schadensersatzansprüche der Hausbesitzer durch Versicherungen zu sorgen.
Da mit dem „Baulos II“ schon im September 2015 begonnen werden soll, sind diese Maßnahmen sofort und zügig in Angriff zu nehmen.