Corona und seine Folgen für Vöcklabruck
Dieser Freitag der Dreizehnte hat sich tief ins kollektive Gedächtnis gebrannt: Der sonnige Märztag markierte das vorläufige Ende langjähriger und als selbstverständlich empfundener Freiheiten und den Beginn des rigorosen Lockdown. Auch in Vöcklabruck. Noch zu Mittag wurden Seniorenheim, Stadtbibliothek und Rathaus geschlossen. Die Kinderbetreuungseinrichtungen reduzierten ihr Angebot auf jene Kleinen, die keine andere Betreuungsmöglichkeit hatten. Und die Kultur & Freizeit (KUF) musste sämtliche von langer Hand vorbereiteten Aufführungen absagen. Wochen des Stillstands folgten.
Zu den ersten Einrichtungen, die aufgrund des Coronavirus völlig von der Umwelt abgeschottet werden mussten, zählte das Seniorenheim. Sowohl den Bewohnern und ihren Angehörigen, als auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde in dieser Zeit extrem viel abverlangt. „Der erzwungene Abstand zu geliebten Menschen war für viele Betroffene schmerzhaft und beklemmend. Das Abwägen zwischen dem Bedürfnis nach Bewegungsfreiheit und Nähe einerseits und dem Schutz des Lebens und der Gesundheit andererseits brachte auch das Team des Seniorenheimes an emotionale Grenzen“, resümiert Bürgermeister Mag. Herbert Brunsteiner.
Erst nach rund sieben Wochen der Isolation konnten schrittweise behutsame und wohlüberlegte Schritte zur Öffnung des Heimes gesetzt werden. Neben den „grenzüberschreitenden“ Gesprächen über den Zaun hinweg konnte dann im Mehrzwecksaal ein Besucherbereich eingerichtet werden.
„Die Corona-Krise hat jedenfalls tiefe Spuren im Seniorenheim hinterlassen“, so Brunsteiner. Allerdings brachte die Zeit des Lockdown neben den Entbehrungen auch positive Erfahrungen mit sich. Die „Crew“ des Seniorenheimes trug mit vereinten Kräften wesentlich dazu bei, dass der Betrieb bestmöglich am Laufen blieb. Unzählige Gespräche, Telefonate und Diskussionen wurden absolviert, um einerseits die restriktiven Maßnahmen umzusetzen und zu rechtfertigen und andererseits den Bewohnern über diese schwere Zeit hinweg zu helfen.
Die Maßnahmen haben sich allerdings auch bezahlt gemacht: Gott sei Dank blieb das Seniorenheim von einer Covid-19-Infektion verschont.
Derzeit sind Besuche im Heim noch auf die Begegnungszone gegen Voranmeldung beschränkt. Besuche von bettlägerigen oder schwerkranken Bewohnern in den Zimmern waren auch jetzt schon möglich. Da Ausgänge im Wesentlichen wieder ohne große Hürden für die Bewohner möglich sind, können diese auch von Angehörigen abgeholt oder beim Spaziergehen begleitet werden. Für das Heimpersonal ist dies allerdings mit sehr aufwändigen Unterweisungs‑, Dokumentations- und begleitenden Sicherheitsmaßnahmen verbunden.
Teamarbeit mit Masken
„Ans Eingemachte“ ging es auch im städtischen Bauhof. Die ersten zwei Wochen lang blieb er überhaupt geschlossen, lediglich die Müllabfuhr und die Wegmacher waren im Einsatz, um die Straßen und öffentlichen Plätze auch in Krisenzeiten sauber zu halten. In den darauffolgenden Wochen der vorsichtigen Öffnung sah sich Bauhofleiter Karl Ennsberger mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, da die Bauhofmitarbeiter zumeist in Teams von zwei oder mehreren Personen unterwegs sind. Besonders fordernd war die Zeit unmittelbar nach der Wiedereröffnung der Altstoffsammelstellen. Hier waren alle verfügbaren Kräfte des Bauhofs im Einsatz, um den Ansturm in geordnete Bahnen zu lenken.
Die Zwerge sind zurück
Die Kinderbetreuungseinrichtungen – Kindergärten, Horte und Krabbelstube – hingegen waren durchgehend geöffnet. Je mehr die Schutzmaßnahmen von der Regierung gelockert wurden, desto mehr Kinder besuchten die Kindergärten: Waren es bis nach Ostern noch 5 – 6 Kinder, so kamen ab Mitte April wieder 10 – 20. Derzeit sind es ungefähr 15 Kleine pro Gruppe, die in den Kindergärten betreut werden.
Auch in der Krabbelstube – sie war von Mitte März bis nach Ostern leer – sind alle Zwerge zurück. Anders verhält es sich in den Horten: Seit dem Wiederanfang des Schulbetriebes wurden mehr als die Hälfte der bisherigen „Hortkinder“ abgemeldet.
Wieder „Normalbetrieb“ im Rathaus
Lange Zeit musste auch das Rathaus seine Pforten geschlossen halten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren allerdings bemüht, so viele Anliegen wie möglich elektronisch oder per Telefon zu erledigen. Seit 18. Mai herrscht wieder „Normalzustand“ – soweit man das in Zeiten wie diesen sagen kann: Mit Abstand, Masken, Desinfektionsmitteln. Um den Überblick über die Besucherzahlen zu behalten, ist der Zugang ausschließlich über den Haupteingang möglich.
Wie erfinderisch Not macht, bewies die Stadtbibliothek: Um den Leseratten die Wartezeit auf die Wiedereröffnung – die dann ja erst am 18. Mai erfolgte – zu verkürzen, öffnete man Mitte April kurzerhand ein Fenster für die Ausleihe und Rückgabe. 1145 Personen haben dieses Angebot im Lauf eines Monats angenommen. Steigender Beliebtheit erfreuten sich außerdem der Onlinekatalog und die Entlehnung von E‑Medien über die Onleihe Media2go.
Harte Zeiten für die KUF
Hart getroffen hat der Lockdown auch die Kultur & Freizeit GmbH. Zahlreiche Veranstaltungen mussten abgesagt werden, jedoch ist es dank intensiver Bemühungen gelungen, für viele Vorstellungen Ersatztermine zu finden. Wenn es das Wetter zulässt, startet das Parkbad am 29. Mai in die Sommersaison 2020. Zahlreiche Schutzmaßnahmen und Hygienebestimmungen sind von den Besucherinnen und Besuchern einzuhalten, damit eine Öffnung überhaupt möglich ist.
Die Kultur und Freizeit GmbH setzt vor allem auf die Eigenverantwortung und vernünftiges Verhalten der Gäste und bittet diese, den Anweisungen des Personals Folge zu leisten. Vor allem auf der Liegewiese sollen auch entlegenere Bereiche genutzt werden. Darüber hinaus ist aufgrund der Vorgaben der Regierung die Besucheranzahl im Parkbad mit 612 Personen beschränkt. Auskunft über den Besucherstand erhält man an der Kassa unter 07672 / 24074.
Die wesentlichen Regelungen sind:
— Tragen von Mund-Nasen-Schutz im Kassen- und Eingangsbereich, WC-Bereich und in geschlossenen Räumen
— Mindestens 1 Meter Distanz auf der Liegewiese, im Sanitär- und im Umkleidebereich zu anderen Personen außerhalb der eigenen Besuchergruppe (max. 4 Erwachsene zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder)
— Mindestens 1 Meter Distanz im Becken zu anderen Schwimmern (auch im Nichtschwimmerbereich und am Beckenrand)
— Darüber hinaus gelten die bereits gewohnten Hygieneregeln (häufiges Händewaschen, Niesen und Husten nur in die Armbeuge, kein Besuch des Parkbades bei Krankheitssymptomen, etc.).
Eine Öffnung von Hallenbad und Sauna ist dagegen aufgrund der strengen Auflagen erst ab 1. September 2020 möglich.
Erfreulicheres gibt es von der Kultur zu berichten: Die Pressekonferenz der neuen Kulturstaatssekretärin am 25.5.2020 brachte durchaus vielversprechende Aussichten für den Kulturbetrieb. Die nun bekannten Vorgaben ermöglichen endlich eine Planung, wie Veranstaltungen ab Herbst stattfinden können. Neben einem klaren und übersichtlichen Besuchermanagement wird es für alle Veranstaltungen nummerierte Sitzplätze geben.
„Unter der Voraussetzung, dass es bei den genannten Auflagen bleibt, kann die neue Saison wie geplant mit Ende September starten“, freut sich GF Mag. Simone Lindinger MA.
Aufgrund der Auflagen wird es allerdings nicht möglich sein, die volle Auslastung zu erreichen. Daher stehen auch weniger Karten als gewohnt zur Verfügung. Abonnenten haben bei der Kartenbuchung Vorrang. Der Kartenverkauf ausgewählter Veranstaltungen startet mit Anfang Juni, die restlichen Veranstaltungen gehen aller Voraussicht mit Anfang Juli in den Verkauf.
Besonders vom Lockdown betroffen war auch die Stadtpolizei. Sie hatte die absolut nicht immer einfache Aufgabe, die strengen Covid 19-Maßnahmen der Bevölkerung zu kommunizieren und auch zu überwachen. Ein spezielles Phänomen waren dabei die Anrufe „besorgter Bürger“, die anonym (!) die „Covid 19-Sünden“ ihrer Mitbürger bekanntgeben wollten. Besonders wenig Verständnis brachte ein großer Teil der Bevölkerung für die zeitweise Schließung von Wochen- und Frischemarkt auf. Auch die Abstands- und Maskenpflicht am Markt können viele nicht verstehen, doch „am Stadtplatz gilt Marktrecht, es ist ein Marktgelände und zu vergleichen mit einem Besuch in einem Geschäft“, erläutert Polizei-Dienststellenleiter Gerald Klement.
Hohe Polizeipräsenz – trotz derzeit „geschrumpfter“ Mannschaft mit fünf Ganztagskräften und einer Halbtagskraft – zeigte jedenfalls ihre Wirkung.
Ein großer Wermutstropfen ist allerdings die „Beratungsresistenz“ zahlreicher Eltern am Schulweg. „Es kommen kaum Kinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad, obwohl in der frischen Luft die Gefahr nicht groß ist und ein paar Meter zu Fuß das Immunsystem stärken würden“, bedauert Klement. Ganz im Gegenteil: „Die Eltern bringen ihre Kinder mit dem Fahrzeug bis zur Schultür. Leider!“ Hohes Verkehrsaufkommen, Staus und Missachtungen der Fahrverbote im Schulbereich sind die ungeliebte Folge.
Junge für Ältere im Einsatz
Eines der erfreulichsten „Produkte“ des Lockdowns war jedenfalls der von Stadtmarketing und Stadtgemeinde ins Leben gerufene Besorgungsnotdienst: Ältere Menschen und andere Vertreter der Risikogruppe konnten im Rathaus ihre Unterstützungswünsche (vor allem Einkäufe) deponieren. Um diese kümmerte sich dann ein „Stab“ von Freiwilligen, koordiniert von der frischgebackenen Stadtmanagerin Ulli Meinhart.
Etwa 100 Vöcklabruckerinnen und Vöcklabrucker haben auf diese Weise Unterstützung erbeten und bekommen. Ungefähr gleich viele „Helferlein“ machten sich ans Einkaufen – wobei das Gros der Tätigkeiten von einer einzigen Handvoll Freiwilliger gestemmt wurde: „Christoph Stangl, Sarah Anna Lothring, Christine und Marlene Schön & Anita Leitner waren immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wurden“, ist Ulli Meinhart dankbar.
Besonders gefreut hat sie der große Zusammenhalt innerhalb der „guten Geister“, die einander auch mit Tipps versorgten. „Schließlich ist es nicht ganz einfach, speziell für so junge Leute, Einkäufe für andere zu übernehmen, die diesbezüglich noch ganz andere Verhaltensweisen gewohnt sind. Etwa 2 Scheiben Leberkäse – bitte genau 1,5 cm dick – zu ordern anstatt einfach zur fertig abgepackten Ware im Kühlregal zu greifen…“ Die große Dankbarkeit der Empfänger, oftmals auch auf kleinen Zetteln kundgetan, war allerdings Entschädigung genug.
Der Besorgungsnotdienst soll übrigens keine Eintagsfliege bleiben, so Meinhart: „Wir möchten die Facebook-Gruppe und den Pool an Freiwilligen, die sich zum Besorgungsnotdienst gemeldet haben, vorerst aufrechterhalten. In ungewissen und schwierigen Zeiten ist es sehr schön zu wissen, dass wir auch in Zukunft immer wieder auf freiwillige Helfer für verschiedenste Anliegen zurückgreifen können!“
Foto: privat