Plötzlich war vieles anders:
GMUNDEN. Der März 2020 geht in die Geschichtsbücher des Salzkammergut Klinikums (SK) ein. Mitte des Monats wurde der erste Patient mit Verdacht einer COVID-Infektion auf der Intensivstation des SK-Standorts Gmunden aufgenommen. Eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus konnte nicht nachgewiesen und der Mann wenig später wieder gesund entlassen werden. Für das Team der Intensivstation hat sich seither jedoch vieles nachhaltig verändert, mittlerweile mussten unzählige Schwerkranke und PatientInnen mit lebensbedrohlichen Symptomen behandelt werden.
Die erschreckenden Bilder, die man bereits seit Beginn des letzten Jahres aus einigen italienischen Intensivstationen kannte, ließen erahnen, welche Auswirkungen die Pandemie haben kann. In Österreich hat sich die Situation nicht so dramatisch entwickelt und die Gesundheitseinrichtungen waren auf die bevorstehende Herausforderung gut vorbereitet. Die Ungewissheit vor dem, was kommen wird, und die Unerfahrenheit im Umgang mit dem neuen und gefährlichen Virus hat dennoch für Anspannung gesorgt. „Die Angst, sich selbst oder seine Familie anzustecken, war von Anfang an ständig präsent und hat uns ein Jahr lang bei unserer täglichen Arbeit begleitet“, erklärt DGKP Heinz Hamminger, der Leiter des 21-köpfigen Pflegeteams der Intensivstation am SK Gmunden.
Infektionen trotz Schutzmaßnahmen
„Wir haben umfangreiche Vorkehrungen getroffen und trotz des peniblen Einhaltens der strengen Hygienevorschriften hat sich mehr als ein Drittel des Pflegeteams mit dem Virus infiziert. Ich hoffe, dass alle die Erkrankung ohne bleibende Schäden überstehen“, sinniert Hamminger, der die Situation in seinem Bereich als sehr bedrückend schildert.
Hohe Sterblichkeit
Immerhin versterben rund 50 Prozent der auf den Intensivstationen in Behandlung befindlichen COVID-PatientInnen. „Diese hohe Sterblichkeit sind wir nicht gewohnt. In der Regel verlieren wir unsere Patientinnen und Patienten nicht, weil sie versterben, sondern weil wir sie nach der Betreuung bei uns in einem guten Allgemeinzustand zur Weiterbehandlung auf eine Normalstation verlegen können. Für uns ist das extrem belastend, weil wir trotz größter Anstrengung vielen Menschen nicht mehr helfen können und uns auf brutale Weise gezeigt wird, wo unsere Grenzen sind“, so Heinz Hamminger, der bereits seit 25 Jahren als Intensivpfleger und Stationsleiter tätig ist.
Psychische und körperliche Belastung
Neben der psychischen Belastung wird dem Pflegepersonal auch körperlich vieles abverlangt. In den geschlossenen Schutzanzügen ist es sehr warm und auch durch die Bewegungseinschränkung wird das sonst schon mühsame Umlagern der PatientInnen zu einer besonderen Herausforderung. „Der hohe Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen und die tiefen Abdrücke der Masken in den Gesichtern des Pflegepersonals zeugen von der anstrengenden Arbeit“, so Hamminger.
Für den erfahrenen Intensivpfleger und seine KollegInnen hat sich durch die Pandemie vieles verändert: „Immer wieder verspüre ich eine gewisse Niedergeschlagenheit und Ohnmacht im Team, wenn bei uns Menschen trotz aller Bemühungen an COVID versterben. Das Virus ist alles andere als harmlos und sorgt für viel Leid bei den Erkrankten und deren Angehörigen. Die Kolleginnen und Kollegen der Intensivstationen haben großen Respekt davor und es schmerzt, wenn Menschen die Erkrankung verharmlosen und unsere Bemühungen auf diese Weise herunterspielen“, appelliert Heinz Hamminger an die Bevölkerung für einen vernünftigen Umgang mit dem Thema.
Foto: OÖG