Im Osmanischen Reich lebten Anfang des 20. Jahrhunderts etwa 2,5 Millionen Armenier. Die planmäßige Ermordung der armenischen Bevölkerung während des Ersten Weltkriegs gilt als einer der ersten Genozide im 20. Jh.. Franz Werfel hat dem Leiden des armenischen Volkes in seinem Roman “Die vierzig Tage des Musa Dagh” bereits 1933 ein Denkmal gesetzt.
Heute ist der Völkermord an den Armeniern kaum im Bewusstsein der Bevölkerung präsent, obwohl unzweifelhaft authentische Berichte und Dokumente den Völkermord belegen. Den Massakern und Todesmärschen fielen nach vorsichtigen Schätzungen zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Armenier zum Opfer. Von türkischer Seite wird der Genozid nach wie vor bestritten und das Thema gilt in der Türkei als hochsensibel.
Der Streit um die Anerkennung des Genozids als historische Tatsache belastet bis heute die Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien einerseits und zahlreichen westlichen Staaten andererseits. Seit 1965 haben 22 Staaten (z.B. Frankreich, Schweiz, Kanada, Russland, die Niederlande) den Genozid entsprechend der UN-Völkermordkonvention von 1948 anerkannt.
VORTRAG: Mittwoch, 13. März 2013, 19 Uhr im Zeitgeschichte Museum Ebensee
Frankreich stellte 2011 die Leugnung des Völkermords an den Armeniern unter Strafe, woraufhin die Türkei ihren Botschafter aus Frankreich abzog und ein heftiger politischer Streit folgte (2012 wurde das Gesetz vom französischen Verfassungsrat als verfassungswidrig erklärt). Österreich zählt zu jenen Staaten, die den Völkermord noch nicht anerkannt haben, vermutlich auch deshalb, weil Deutschland und Österreich-Ungarn als damalige Verbündete der Türkei über die Gräueltaten informiert waren und keine Versuche unternommen haben, die Vertreibungen und Deportationen zu stoppen. Während Deutschland seine “unrühmliche Rolle” 2005 zumindest bedauerte, gibt es von Österreich kein derartiges Eingeständnis.
Der renommierte österreichisch-armenische Historiker und Filmemacher Dr. Artem Ohandjanian ruft in seinem Vortrag nicht nur den Völkermord an den Armeniern ins Gedächtnis, sondern versucht auch die Hintergründe der Frage nach der Anerkennung als Genozid zu beleuchten. REFERENT: Prof. Dr. Artem Ohandjanian, Wien