Am 1. Jänner 2014 nimmt das durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits- Novelle 2012 geschaffene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich seine Arbeit auf. Als eines von elf neuen Verwaltungsgerichten – neun Verwaltungsgerichten der Länder und zwei Verwaltungsgerichten des Bundes – wird es für umfassenden Rechtsschutz im Bereich des öffentlichen Rechts in Oberösterreich sorgen. Damit wird die größte Rechtsschutzreform seit Bestehen der Bundesverfassung voll wirksam.
Die neuen Verwaltungsgerichte lösen eine Vielzahl von Behörden und Sonderbehörden (rund 120) ab, wodurch die Rechtsschutzlandschaft deutlich übersichtlicher und der Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht vereinfacht wird. Die föderale Struktur gewährleistet zudem die „räumliche Nähe zum Recht“.
Die Verwaltungsgerichte erkennen im Wesentlichen über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (Bescheidbeschwerden), gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, etwa gegen Übergriffe durch die Polizei (sogenannte Maßnahmenbeschwerden) und wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Säumnisbeschwerden). In den Zuständigkeitsbereich des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich fallen zum Beispiel Beschwerden in Angelegenheiten des Bau‑, Gewerbe‑, Verkehrs- und Wasserrechts, des Forstgesetzes, des Oö. Jagdgesetzes, des Oö. Fischereigesetzes, des Abfallwirtschaftsgesetzes, des Apothekengesetzes, des Staatsbürgerschaftsgesetzes, des Tabakgesetzes, des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes und viele mehr. Der Rechtsweg innerhalb der Verwaltung wird durch die Novelle abgeschafft und diese somit durchgehend durch unabhängige Gerichte kontrolliert.
Rechtsmittel gegen verwaltungsbehördliche Entscheidungen wird fortan grundsätzlich die Beschwerde an ein Verwaltungsgericht sein. Einzige Ausnahme dabei ist der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde: Hier muss in Oberösterreich weiterhin der Instanzenzug innerhalb der Gemeinde durchlaufen werden, bevor das zuständige Verwaltungsgericht angerufen werden kann. So zum Beispiel muss gegen einen die Baubewilligung versagenden Bescheid einer Bürgermeisterin bzw eines Bürgermeisters zunächst Berufung an den Gemeinderat erhoben werden. Erst gegen dessen Entscheidung ist eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zulässig.
Beschwerden an ein Verwaltungsgericht sind grundsätzlich bei der Behörde einzubringen, gegen deren Verhalten sich die Beschwerde richtet (sogenannte „belangte Behörde“). Im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten herrscht kein Anwaltszwang. Die Verfahrensparteien können ihre Sache vor dem Verwaltungsgericht selbst führen oder sich von einer Rechtsanwältin bzw einem Rechtsanwalt oder einer anderen Person vertreten lassen. Im Verwaltungsstrafverfahren kann die bzw der Beschuldigte überdies die Beigebung einer Verfahrenshilfeverteidigerin bzw eines Verfahrenshilfeverteidigers beantragen.
In der Regel werden die Verwaltungsgerichte selbst in der Sache entscheiden – also etwa eine Bau- oder Betriebsanlagenbewilligung erteilen. Wenn es verfahrensökonomischer ist, können sie jedoch den angefochtenen Verwaltungsakt auch aufheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen. Grundsätzlich findet zum Zwecke der Beweisführung vor den Verwaltungsgerichten auf Antrag oder von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführerin bzw der Beschwerdeführer und alle sonstigen Parteien das Recht, Fragen an die Zeuginnen und Zeugen und Sachverständigen zu stellen.
Gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte können die Parteien Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich besteht aus dem Präsidenten Dr. Johannes Fischer, dem Vizepräsidenten Mag. Alfred Kisch, 35 weiteren Richterinnen und Richtern und rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle.
Den Richterinnen und Richtern des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ist die rechtskonforme, unparteiische, gewissenhafte, faire und zügige Erfüllung ihrer Rechtsschutzfunktion zentrales Anliegen. Dadurch soll so rasch wie möglich Rechtssicherheit und Rechtsfrieden und das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltungsrechtsprechung erster Instanz hergestellt werden.
“Bürgernäherer Rechtsschutz und noch mehr Föderalismus!”
Mit der Einrichtung der neun Landesverwaltungsgerichte bzw. des Bundesveraltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts werden bundesweit mit 1. Jänner 2014 mehr als 120 Berufungssenate und Sonderbehörden aufgelöst. Darunter auch die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Bundesländern. Im Regelfall sollen ab 2014 die Verfahren bei den Landesverwaltungsgerichten enden und Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof nur in Ausnahmefällen möglich sein.
“Die Landesverwaltungsgerichte werden den VwGH spürbar entlasten und damit insgesamt rascher für Rechtssicherheit direkt vor Ort sorgen. Das ist ein klarer Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger. Dazu haben wir ein Team mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten für das oberösterreichische Landesverwaltungsgericht bestellt, das für die Herausforderungen bestens gerüstet ist”, so LH Dr. Josef Pühringer.
Bereits mit Beschluss vom 10. Dezember 2012 wurden die bisherigen Mitglieder des UVS, an dessen Stelle mit 1. Jänner 2014 das Landesverwaltungsgericht tritt, einstimmig zu Richter/innen ernannt. Zusätzlich wurden mit 12. August 2013 dreizehn Juristinnen und Juristen, darunter elf Frauen und zwei Männer zu Richter/innen (sowohl voll- als auch teilbeschäftigte) des Oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichts bestellt.
Der bisherige Präsident des UVS, Dr. Johannes Fischer, wurde bereits in der Sitzung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 2012 einstimmig zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ernannt. Mit 1. Jänner 2014 werden insgesamt 37 Richter/innen ihre Tätigkeit als Mitglieder des Landesverwaltungsgerichts aufnehmen.
Foto: Land OÖ/Kram